Reuters

Siemens-Aktionäre wollen Fragerecht auf Hauptversammlung erzwingen

28.01.2021
um 15:42 Uhr

München (Reuters) - Einflussreiche Aktionärsvertreter wollen bei Siemens ein Fragerecht auch auf virtuellen Hauptversammlungen erzwingen.

Die Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis stellen sich hinter die Forderung des Vereins von Belegschaftsaktionären in der Siemens AG, dass sich Anteilseigner künftig auch noch während der Hauptversammlung zu Wort melden können, wie aus den Reuters vorliegenden Abstimmungs-Empfehlungen für das Aktionärstreffen am kommenden Mittwoch hervorgeht. Nach den Sonderregelungen für die Corona-Krise müssen Fragen bisher zwei Tage im Voraus schriftlich eingereicht werden. Die Aktionäre können damit nicht unmittelbar auf Aussagen von Vorstand oder Aufsichtsrat während der Veranstaltung reagieren.

Das sei "übermäßig restriktiv", kritisierte Glass Lewis. Mit dem Ergänzungsantrag der Belegschaftsaktionäre würde "eines der Rechte, die man Aktionären während Präsenz-Hauptversammlungen einräume, wiederhergestellt", erklärte ISS. Nach den Vorschlägen der beiden Beratungshäuser richten sich vor allem Investoren aus den USA und Großbritannien. Auch Portfoliomanagerin Vera Diehl von Union Investment stellte sich hinter den Antrag: "Wir hätten es sehr begrüßt, wenn Siemens sich auch in diesem Jahr dem öffentlichen Dialog mit den Aktionären gestellt hätte, um daraus wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu gewinnen."

Siemens hatte den Antrag auf eine Satzungsänderung in einer Stellungnahme als "nicht zielführend" bezeichnet, zumal eine Abhaltung virtueller Hauptversammlungen nach der Corona-Krise noch gar nicht gesetzlich geregelt sei. Der Antrag bedarf einer Dreiviertel-Mehrheit. Der künftige Siemens-Chef Roland Busch hat aber schon klar positioniert: Ihm wären auch in Zukunft Online-Treffen mit den Aktionären am liebsten. Reine Präsenzveranstaltungen wie vor der Corona-Pandemie favorisiert nur eine Minderheit der börsennotierten deutschen Unternehmen.

Für das Aktionärstreffen von Siemens am 3. Februar, auf dem sich Joe Kaeser endgültig als Vorstandschef verabschiedet, hat der Beschluss noch keine Wirkung, weil die Abstimmung erst am Ende stattfindet. Auch die kurz vor Weihnachten vom Bundestag beschlossene Änderung der Corona-Sonderregeln für 2021, wonach Fragen nur einen Tag vor der Hauptversammlung eingereicht werden müssen, wirkt sich bei Siemens noch nicht aus. Sie gilt erst ab März.

Anders als bei mehreren Unternehmen aus der Finanzbranche muss die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY trotz des Wirecard-Skandals nicht um ihr lukratives Mandat bei Siemens bangen. ISS und Glass Lewis empfehlen den Aktionären, EY als Abschlussprüfer zu bestätigen. Für einen Abwahlantrag gebe es "keine zwingenden Gründe", erklärte Glass Lewis. Der Siemens-Auftrag ist mit 58 Millionen Euro im Jahr einer der lukrativsten in Deutschland für EY. Die Commerzbank und die DWS hatten EY als Prüfer abgelöst, nach sich die testierten Bilanzen von Wirecard als offensichtlich fast entpuppten.

Siemens AG

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