Berlin (Reuters) - Union und SPD kritisieren das Vorgehen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in der Pkw-Mautaffäre, machen aber keine Rechtsverstöße aus.
Dem Risiko eines vollständigen Scheiterns der Pkw-Maut hätte "eine größere Bedeutung zukommen müssen", heißt es in der abschließenden Bewertung der Koalition im Maut-Untersuchungsausschuss, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Dies betreffe vor allem die finanziellen Folgen einer Kündigung des Vertrags mit den Maut-Betreibern, die vom Ministerium nicht thematisiert wurden. "Der Ausschuss bemängelt, dass die möglichen finanziellen Folgen einer Kündigung aus ordnungspolitischen Gründen vor der Vertragsunterzeichnung nicht näher untersucht worden sind."
Das Verkehrsministerium hatte den Vertrag mit den Maut-Betreibern Kapsch und Eventim Ende 2018 geschlossen. Das Pkw-Maut-Konzept wurde jedoch vom Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als ausländerdiskriminierend gestoppt. Kapsch und Eventim fordern nun über 560 Millionen Euro für bereits ausgelöste Investitionen und entgangene Erträge.
Der Untersuchungsausschuss des Bundestages sollte klären, ob die Bundesregierung beim Maut-Projekt zu große Risiken zulasten des Steuerzahlers eingegangen ist und gegen Haushalts- und Vergaberecht verstoßen hat. Die Opposition fordert den Rücktritt des Ministers. Die SPD schließt sich dem nicht an, aber: "Die gemeinsame Bewertung von SPD und CDU/CSU entlastet den Verkehrsminister nicht", sagte SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann. "Er kann nicht weiter an seiner Erzählung festhalten, es habe im Bundesverkehrsministerium keine Fehler gegeben."
Die Bewertung von Union und SPD ist jetzt an die Opposition gegangen, die in den nächsten Wochen ihre Stellungnahme abgibt. Danach wird der Gesamtbericht erstellt, wobei die Haltung der Opposition voraussichtlich wegen der Stimmenverhältnisse lediglich als Minderheitsvotum berücksichtigt wird.
Die Koalition wirf dem Ministerium zudem vor, die Kosten für die Einführung der Maut nicht ausreichend eingeschätzt zu haben. "Kritisch bewertet der Ausschuss, dass die haushaltsrechtliche Prüfung im Dezember 2018 unter hohem Zeitdruck stattfand", heißt es.
Offenbleibt der Koalition zufolge ob die Maut-Betreiber-Unternehmen Scheuer eine Unterzeichnung des Vertrages auch nach einem Urteil des EuGH angeboten hätten. "Der Ausschuss kann daher weder bestätigen noch ausschließen, dass die Betreiber das Angebot gemacht haben, den Vertrag erst nach einem Urteil des EuGH zu unterzeichnen."