- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz und Vera Eckert
Düsseldorf (Reuters) - RWE-Chef Peter Terium will den kohlelastigen Energieriesen auf einen grünen Wachstumspfad führen.
"Denkbar ist, dass wir in Zukunft wieder eine Milliarde Euro im Jahr in Erneuerbare Energien investieren", sagte der Manager der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag, in seinem ersten Interview nach der Ankündigung der Konzernaufspaltung. Wenn der Aufsichtsrat den am Dienstag vorgestellten Plänen zur Abspaltung des Ökostromgeschäfts zustimme, werde der Weg für höhere Investitionen vor allem in die Windkraft frei. Der Versorger sehe zudem Chancen in der Solarenergie. Das Ergebnis des Ökostromgeschäfts könne jährlich im zweistelligen Prozentbereich zulegen.
RWE will das Geschäft mit Ökostrom, Netzen und Vertrieb in eine Tochter abspalten und für Investoren öffnen. Zehn Prozent der neuen Firma sollen im Zuge einer Kapitalerhöhung bis Ende 2016 an die Börse gebracht werden. Das Ökostromgeschäft soll alleine attraktiver für Anleger sein als im Verbund mit den schwächelnden Kohle- und Gaskraftwerken. Die verbleibende RWE AG soll langfristig die Mehrheit an der Tochter behalten und die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke sowie den Energiehandel behalten. Der Aufsichtsrat will am 11. Dezember über die Pläne entscheiden.
GELD FÜR ÖKOSTROM NICHT MIT DER GIESSKANNE AUSSCHÜTTEN
Das neue Unternehmen soll wie die Mutter ihren Sitz in Essen haben und rund 40.000 der heute 60.000 Mitarbeiter beschäftigen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen würde auf Basis der für 2015 erwarteten Zahlen bei 4,4 bis 4,6 Milliarden Euro liegen, der Umsatz bei mehr als 40 Milliarden Euro.
RWE hatte unter dem Druck wegbrechender Gewinne in der Stromerzeugung zuletzt die Investitionen in den Ökostrom gekappt. Statt jährlicher Investitionen von einer Milliarde war diese Summe zuletzt für drei Jahre vorgesehen. Auch im Fall des Umbaus will Terium das Geld aber nicht mit der Gießkanne ausschütten. Das Management werde kein Geld verbrennen, es gehe um Rentabilität. RWE hatte lange auf Atom- und Kohlekraftwerke gesetzt und war erst spät in das Geschäft mit Erneuerbaren Energien eingestiegen. 2014 erzeugte RWE etwa die Hälfte seines Stroms aus Stein- und Braunkohle. Der Ökostromanteil lag bei rund fünf Prozent, deutlich weniger als beim Rivalen E.ON. Durch den Verfall der Strom-Großhandelspreise droht Terium zufolge 2017 oder 2018 in der konventionellen Stromerzeugung operativ ein Verlust. Im Free-Cashflow strebe er in diesem Bereich eine schwarze Null an.
AUCH SOLARENERGIE WIRD FÜR RWE EIN THEMA
"Wir wollen uns vor allem auf Offshore- und Onshore-Windanlagen konzentrieren", sagte der Niederländer. "Dabei könnten wir mit den höheren Mitteln auch höhere Anteile übernehmen, etwa 25 oder 49 Prozent." Bei Offshore habe er insbesondere Deutschland, Niederlande und Großbritannien im Blick. Bei Onshore gehe es zusätzlich auch um Polen. "Wir setzen uns bei Offshore keine Zielgrößen in Megawatt. Es geht um Rendite." Das Unternehmen habe im Onshore-Bereich eine Kapazität von 2000 Megawatt in Europa. "Wir wollen im Schnitt um 200 Megawatt pro Jahr wachsen." Insgesamt hat RWE Ökostromanlagen mit einer Kapazität von 3,5 Gigawatt.
Während sich RWE bislang vor allem auf Europa konzentrierte, ist E.ON stark im Solargeschäft sowie mit Windenergie in den USA vertreten. Terium sieht bei der Sonnenenergie Chancen für größere Kapazitäten. "Dabei geht es vor allem um große Photovoltaikanlagen in der Größenordnung von 50 bis 250 Megawatt." Als Regionen kämen etwa der Nahen Osten und Nordafrika sowie der Süden der USA und Kalifornien infrage. "Das Geschäftsmodell gleicht dem von Offshore-Windanlagen." Einnahmen könnte das Unternehmen aus dem Betrieb für die Partner, aus dem Stromverkauf und aus dem Verkauf von Anteilen erzielen. RWE werde sich an einer Ausschreibung für ein Solarkraftwerk mit mehreren Hundert Megawatt im Nahen Osten beteiligen. "Die Region möchte weg vom Öl und setzt verstärkt auf Sonnenenergie", sagte der Firmenchef.