Frankfurt (Reuters) - Die Lufthansa will ihre Passagiere nicht verpflichten, durch ihren Flug verursachte CO2-Emissionen mit Geld auszugleichen.
"Wir setzen auf das Prinzip Freiwilligkeit, mit zunehmendem Erfolg", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Dienstag auf der Hauptversammlung. Eine verpflichtende Regelung müsste weltweit einheitlich sein, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Das sei nicht realistisch. Seit Kurzem könnten Lufthansa-Kunden mit einem Klick den Treibhausgasausstoß ihrer Reise finanziell ausgleichen. Das werde stärker angenommen als zuvor, als die Kompensation zusätzlich zum Flug gebucht werden musste. Bislang waren verschwindend wenige Verbraucher dazu bereit, auf diese Weise einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Ein Vertreter der Umweltschutzorganisation Robin Wood kritisierte auf dem Aktionärstreffen dieses in der Luftfahrt weltweit übliche Instrument, mit dem Klimaschutzprojekte oder der Kauf emissionsarmer synthetischen Kraftstoffe finanziert werden können. CO2-Emissionen müssten im Kampf gegen den Klimawandel nicht kompensiert, sondern vermieden werden, forderte Jonas Asan von Robin Wood. "Grüne Flugzeuge sind nur die, die am Boden bleiben." Die Luftfahrt müsse schrumpfen, daran führe kein Weg vorbei. Die Branche ist für rund drei Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.
INVESTOREN VERMISSEN KLIMASCHUTZ-PLAN
Weniger radikal, aber ebenfalls kritisch zum Klimaschutzkurs der Lufthansa äußerten sich Vertreter von Investmentfonds. Die Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken, Union Investment, warf dem Lufthansa-Management vor, sich zu lange um ambitionierte Klimaschutzziele gedrückt zu haben. Mit einer Halbierung der Netto-CO2-Emissionen bis 2030 habe das Unternehmen zwar ein klares Ziel. Doch eine Strategie für einen glaubwürdigen Umbau fehle weiterhin. "Es geht jetzt darum, den CO2-Reduktionspfad nach anerkannten Standards mit dem Pariser Klimaabkommen in Einklang zu bringen", forderte Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei dem Fondsverwalter. Auch die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka wünscht sich im Kampf gegen den Klimawandel von der Airline-Gruppe mehr Engagement. "Die Reduktion von CO2-Emissionen und das Hinwirken zu einem nachhaltigeren Flugbetrieb müssen stärker berücksichtigt werden", forderte Nachhaltigkeitschef Ingo Speich.
Die Lufthansa bekräftigte, sie unterstütze die Klimaschutzziele der Europäischen Union zur Luftfahrt. Doch von diesen dürften außereuropäische Konkurrenten nicht ausgenommen werden, weil das ein Wettbewerbsnachteil sei. Wichtigster Hebel für weniger CO2-Ausstoß in diesem Jahrzehnt sei der Austausch alter durch neue, sparsamere Flugzeuge. Bis 2029 hat der Airline-Konzern demnach 175 neue, effizientere Maschinen bestellt, auf weitere 74 besteht eine Option.
Wirksamstes Klimaschutz-Instrument sind synthetische Kraftstoffe (SAF), die bisher aber nur in kleiner Menge verfügbar und viel teurer als fossiles Kerosin sind. Die Lufthansa wies darauf hin, dass sie in den kommenden drei Jahren SAF im Wert von 250 Millionen US-Dollar kaufen wolle und sich in mehr als zehn Kooperationen engagiere, um die Produktion mit anzuschieben. Die geplante Beimischungsquote in der EU von fünf Prozent hält sie auf Basis bekannter Produktionspläne bis 2030 für machbar. "Darüber hinaus erhöht die aktuelle politische Situation die Geschwindigkeit der Abkehr von fossilen Energieträgern weiter", hieß es in schriftlichen Antworten auf Aktionärsfragen bei der digitalen Hauptversammlung. Die Politik werde die Förderung von Investitionen deshalb verstärken.