Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Ausgerechnet in der Hauptreisezeit droht Urlaubern an deutschen Flughäfen noch mehr Chaos als ohnehin: Die Gewerkschaft Verdi hat das Bodenpersonal der Lufthansa zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen.
Der Ausstand solle von 3.45 Uhr am Mittwoch bis sechs Uhr am Donnerstagmorgen an allen Lufthansa-Standorten stattfinden, kündigte die Gewerkschaft am Montag an. Wegen der Beteiligung von Mitarbeitern, die für die richtige Positionierung von Flugzeugen sorgen, werde es zu größeren Flugausfällen und Verzögerungen kommen. Lufthansa-Personalchef Michael Niggemann bezeichnete den Warnstreik als "unzumutbar". Wie viele zusätzliche Flugausfälle der Ausstand verursachen werde, sei noch nicht klar, erklärte die Lufthansa. Da im Luftverkehr an allen Ecken und Enden Personal fehlt, musste die Airline bisher schon rund 6000 Flüge im Sommer streichen.
Bundesfinanzminister Christian Linder wollte sich nicht zu dem Arbeitskampf äußern, das sei Sache der Tarifpartner. Der FDP-Politiker betonte aber: "Ich hoffe und bin mir sicher, dass alle Beteiligten sich ihrer besonderen Verantwortung für die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen bewusst sind."
VERDI WILL DRUCK ERHÖHEN
Mit dem Warnstreik will die Gewerkschaft in den laufenden Tarifverhandlungen für die rund 20.000 Beschäftigten der Lufthansa am Boden den Druck erhöhen. Das in der zweiten Verhandlungsrunde vorgelegte Angebot des Arbeitgebers sei aus Sicht der Verdi-Mitglieder unzureichend, gab die Gewerkschaft zur Begründung an. Lufthansa-Manager Niggemann verurteilte den Arbeitskampf. "Verdi hat nach nur zwei Verhandlungstagen einen Streik angekündigt, den man aufgrund der Breite über alle Standorte hinweg und der Dauer kaum noch als Warnstreik bezeichnen kann", kritisierte er. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 3./4. August in Frankfurt statt.
Die Airline habe trotz der nach Corona immer noch angespannten Lage bereits Vergütungserhöhungen vorgelegt. So biete die Lufthansa den rund 20.000 Beschäftigten der Lufthansa am Boden, in den Sparten Technik und Cargo und bei anderen Töchtern des Konzerns unter anderem eine monatliche Gehaltserhöhung von 150 Euro ab Juli 2022, 100 Euro ab Januar 2023 und eine zweiprozentige Vergütungserhöhung ab Juli 2023 je nach Geschäftsentwicklung. Bezogen auf 3000 Euro Grundvergütung im Monat sei das eine Steigerung von neun bis elf Prozent.
Verdi fordert dagegen eine Lohnerhöhung von 9,5 Prozent oder mindestens 350 Euro mehr pro Monat. Die Gewerkschaft argumentierte, die enorme Arbeitslast der Beschäftigten in der Krisenzeit rechtfertige eine kräftige Lohnerhöhung. "Sie brauchen dringend mehr Geld und sie brauchen Entlastung - für sich selber und für die Passagiere. Dazu reicht das Arbeitgeberangebot vorne und hinten nicht", erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle.
(Bericht von Zuzanna Szymanska unter Mitarbeit von Anneli Palmen, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)