Zürich (Reuters) - Zu seinem wichtigsten Rennen startet Ulrich Körner am 1. August. Dann übernimmt der passionierte Oldtimer-Rallye-Fahrer das Steuer der ins Schlingern geratenen Credit Suisse.
Mit einer Reihe von Skandalen, milliardenschweren Verlusten und peinlichen Gerichtsfällen hat das zweitgrößte Institut der Schweiz in diesen Punkten die Deutsche Bank als Nummer eins der europäischen Bankenbranche abgelöst. Um wieder auf Kurs zu kommen, macht Credit Suisse nun das, was Banken in dieser Situation meistens machen: sie legt ein Sparprogramm auf, das tausende Stellen kosten könnte. Und für Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann ist der ehemalige McKinsey-Berater Körner genau der richtige für diesen Job.
"Wir brauchen einen starken strategischen Denker, wir brauchen jemanden mit analytischen Fähigkeiten, wir brauchen jemanden, der eine nachgewiesene Erfolgsbilanz beim Umbau von Unternehmen vorweisen kann und gleichzeitig ein Vollstrecker ist", sagte Lehmann. "Ich denke, dass Uli all dies in sich vereint." Er werde liefern. Genau davor fürchtet sich manch einer in der Bank. "Die Angst geht um, dass er jetzt zur Machete greift", sagt ein Mitarbeiter. Treffen werde es vor allem die Investmentbanker. Die Erträge des Bereichs sind im laufenden Jahr angesichts der Marktverwerfungen und hausgemachter Probleme eingebrochen und die relativ starren Kostenstrukturen damit viel zu hoch.
"Ulis Stärke ist: Er entscheidet. Und zwar schnell und ohne Rücksicht auf Verluste", sagt einer über Körner, der die deutsche und die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt. Einer der mit dem 59-jährigen zusammengearbeitet hat, äußert sich ähnlich: "Er kennt keine Tabus. Er hat nichts zu verlieren, das ist wahrscheinlich die letzte Station seiner Karriere."
Nach einem Wirtschaftsstudium und einem Doktorat an der Universität St.Gallen heuerte Körner als Buchprüfer bei Price Waterhouse an und wurde dann McKinsey-Berater. Nach gut zehn Jahren bei der Credit Suisse wechselte er zur UBS, wo er zuerst als Chief Operating Officer und dann als Asset-Management-Chef auch mit Lehmann zusammenarbeitete. 2021 kehrte er zur Credit Suisse zurück, um das Asset Management nach dem Debakel mit Greensill-Fonds in die Spur zu bringen.
Über die Leistung Körners bei der UBS gehen die Meinungen auseinander. Einig sind sich Leute, die mit ihm zusammengearbeitet haben, dass er analytisch stark ist und schnell denkt. Statt sich unter seine Mitarbeiter zu mischen neige er aber dazu, in kleinem Kreis zu analysieren. "Er führt stark über Power-Point-Präsentationen, wie das viele ehemalige Berater tun", sagt ein früherer Mitarbeiter. Er sei sehr trocken. "Er ist keiner, mit dem man Abend ein Glas Wein trinken will", sagt ein Bekannter. "Selbst Leuten gegenüber, die er gut kennt, ist er verschlossen." Mitreißen könne er seine Mitarbeiter nicht, sagt ein anderer Gesprächspartner. "Er ist nicht einer, der in Townhalls die Hütte zum brennen bringt und die Leute beim Rausgehen sagen: Jetzt geben wir Vollgas."
Dies könnte sich als Nachteil erweisen, wenn die Bank wieder in den Vorwärtsgang schaltet. Obwohl Lehmann davon nichts wissen will, gehen viele Beobachter davon aus, dass Körner mittelfristig bereits wieder einem Wachstumsmanager Platz machen könnte. "Er hat ja ein gewisses Alter, insofern glaube ich nicht, dass er die langfristige Lösung für Credit Suisse sein wird", sagte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Er vermute, dass der Konzernumbau seine Hauptaufgabe sei und er für jemand anderen Platz mache, sobald der Umbau umgesetzt und die neue Strategie eingeführt worden sei. "Dann braucht die Bank wieder jemanden, der mehr nach vorne schaut."
(Von Oliver Hirt, Silke Koltrowitz und Michael Shields; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)