London/Frankfurt (Reuters) - Der britische Billigflieger Easyjet geht von einer stabilen Nachfrage im Winter und im nächsten Sommer trotz der Belastung des Konsums durch die hohe Inflation aus.
Es herrsche Unsicherheit angesichts der Einkommensentwicklung der Privathaushalte, sagte Airline-Chef Johan Lundgren am Donnerstag. Aber Urlaub und Reisen hätten weiterhin höchste Priorität bei der Frage, wofür noch Geld ausgegeben werde. "Wir stehen dem unsicheren makroökonomischen Umfeld mit vielen Stärken gegenüber." Die anziehende Nachfrage nach Flügen im Sommer 2023 stimme ihn zuversichtlich. Der Ticketverkauf für die Herbstferien und die Weihnachtszeit laufe besser als vor Ausbruch der Corona-Pandemie 2019, die Flugpreise seien robust. Im ersten Quartal des seit Oktober laufenden Geschäftsjahres plant Easyjet ein Angebot von 20 Millionen Sitzen - das wären 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wenn auch erst 83 Prozent der Vorkrisenkapazität.
Analysten sind trotz der optimistischen Aussagen von Airline-Managern skeptisch: "Die Nachfrage im Winter ist sehr unsicher vor dem Hintergrund schrumpfender Einkommen der Verbraucher, und das lastet auf dem Kaufinteresse der Investoren an dem Sektor", schrieben die Branchenkenner von Bernstein Research. Easyjet-Aktien verloren in den vergangenen sechs Monaten fast die Hälfte ihres Wertes. Die Reiselust könne nachlassen, wenn den Konsumenten im Winter erst die hohen Energierechnungen ins Haus flatterten. Es sei gut möglich, dass die Fluggesellschaften in den kommenden Monaten ihre Flugpläne wieder ausdünnten.
Im Sommerquartal konnten die Airlines wegen des Personalmangels im gesamten Flugbetrieb nicht so viele Maschinen in die Luft bringen wie geplant. Da dies auf eine aufgestaute hohe Reisenachfrage nach der Pandemie traf, konnten sie nach Einschätzung von Bernstein Research aber gestiegene Treibstoffkosten über höhere Ticketpreise ausgleichen. Das starke Sommerquartal konnte bei Easyjet das Minus, das von massiven Flugstreichungen im Frühjahr und Corona-Reiserestriktionen verursacht worden war, nicht völlig ausbügeln. Von Juli bis September flogen die Briten einen Vorsteuergewinn von 685 Millionen Pfund (gut 780 Millionen Euro) ein. Für das vergangene Geschäftsjahr rechnet die Airline nach vorläufigen Zahlen mit einem Vorsteuerverlust von 170 bis 190 Millionen Pfund. Die Auslastung lag im saisonal stärksten Sommerquartal bei 88 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. Easyjet erholt sich damit langsamer als der Rivale Ryanair. Europas größte Airline nach Zahl der Kunden beförderte im August und September 33 Millionen Passagiere - so viele wie nie zuvor.
(Bericht von Sarah Young, Ilona Wissenbach, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)