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Faeser setzt neuen Krisenstab für kritische Infrastrukturen ein

18.10.2022
um 18:02 Uhr

Berlin (Reuters) - Das Bundesinnenministerium hat zum Schutz der kritischen Infrastrukturen in Deutschland eine Koordinierungsstelle der einzelnen Ressorts ins Leben gerufen.

"Ich halte das für angemessen in diesen Zeiten", sagte Innenministerin Nancy Faeser in einem am Dienstag veröffentlichten Interview von Reuters TV. Die Koordinierungsstelle stehe unter der Leitung ihres Hauses und sei auf Staatssekretärs-Ebene der Ministerien besetzt. Schon in dieser Woche komme der Stab erstmals zusammen. Man habe schon nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar damit begonnen, die Betreiber kritischer Infrastrukturen zu sensibilisieren, ihre Anlagen "fähiger gegen Angriffe zu machen", sagte die SPD-Politikerin.

Dies sei in allen Bereichen der kritischen Infrastrukturen geschehen, etwa bei den Stromnetzen, Krankenhäusern oder großen Verkehrsinfrastrukturen. "Es geht darum, dass wir Betreiberinnen und Betreiber stärken, dass sie etwas tun", betonte die Ministerin. Aus diesem Grund werde auch das Gesetz für kritische Infrastrukturen "Kritis" auf den Weg gebracht. "Dort werden wir sehr konkret auch Anforderungen an die kritische Infrastruktur-Betreiber stellen", sagte Faeser. "Wir wollen dort festlegen, welche Standards sie haben müssen. Und ich glaube, das ist wichtig und richtig, das gesetzlich zu tun." Eckpunkte für das Gesetz will die Ministerin dem Kabinett noch in diesem Jahr vorlegen.

"Wir sagen sehr klar, dass die Betreiber kritischer Infrastrukturen in der Verantwortung sind, ihre Anlagen und Systeme gut zu schützen ? und dass sie sich schnell an uns wenden sollen, wenn es sicherheitsrelevante Vorfälle gibt", sagte Faeser und fügte hinzu: "Das funktioniert aus meiner Sicht schon ganz gut." Der Bau der geplanten LNG-Flüssigerdgas-Terminals etwa werde von staatlichen Sicherheitskräften begleitet. Hier sei die niedersächsische Polizei und auch die Bundespolizei beteiligt. "Die Bundespolizei patrouilliert auf See mit allen verfügbaren Kräften und Schiffen, auch um maritime Infrastrukturen zu schützen." Gleiches gelte für die Bahn. "Die Bundespolizei überwacht Bahnstrecken regelmäßig aus der Luft." Es sei aber unmöglich, "mehr als 33.000 Kilometer Bahnstrecken und Millionen Kabel-Kilometer vollumfänglich" zu schützen.

"WIR MÜSSEN DEM NACHGEHEN"

Beunruhigt zeigte sich die Ministerin über verstärkte Versuche Russlands, auf die öffentliche Meinung Einfluss zu nehmen. "Wir sehen massive staatlich gesteuerte Desinformationskampagnen aus Russland", sagte Faeser. "Wir sehen Narrative, die bei Telegram-Gruppen auftauchen, die sind stark gesteuert. Und ja, es verfängt bei manchen Menschen." Deswegen sei jeder aufgefordert, "den russischen Lügen immer die Fakten entgegenzusetzen".

Bei den Ermittlungen zu den Sabotage-Akten gegen die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee gebe es "bislang noch keine neuen Erkenntnisse", sagte Faeser. Man könne noch nicht sagen, wer verantwortlich sei. "Aber wir bleiben natürlich dran, weil wir natürlich wissen wollen, wer hat das verursacht." Auch bei der mutmaßlichen Sabotage gegen die Deutsche Bahn am vorvergangenen Samstag gebe es noch keine konkreten Hinweise, wer verantwortlich sei. Sie halte es für richtig, dass wie bei Nord Stream auch hier der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen habe und das Bundeskriminalamt (BKA) damit auch beteiligt sei.

Es könne auch noch kein mutmaßlicher Verantwortlicher - etwa linksextremistische Kreise oder ein staatlicher Akteur wie Russland - dabei ausgeschlossen werden, sagte Faeser. "Und deswegen muss man jetzt einfach allen Erkenntnissen nachgehen." Sie hoffe, dass dann auch in diesem Fall am Ende klar sei, wer verantwortlich sei. "Wir müssen dem nachgehen und gucken, dass wir das in Zukunft möglichst vermeiden."

(Bericht von Alexander Ratz, Sarah Marsh und Reuters TV; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

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