Reuters

E-Commerce schrumpft im Kriegsjahr 2022 -Deutsche sparen an Impulskäufen

26.01.2023
um 16:07 Uhr

Berlin (Reuters) - Die trübe Kauflaune im Zuge des Ukraine-Kriegs bremst den seit der Corona-Pandemie erfolgsverwöhnten Online-Handel in Deutschland.

Die Waren-Umsätze sanken 2022 nominal - also nicht inflationsbereinigt - um 8,8 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro, wie der Branchenverband bevh am Donnerstag mitteilte. Das waren aber immer noch 24,5 Prozent mehr als 2019 vor der Virus-Pandemie. Umsätze mit digitalen Dienstleistungen wie Urlaubsbuchungen oder Konzertticketverkäufen verbesserten sich binnen Jahresfrist zwar deutlich um knapp 40 Prozent auf 11,25 Milliarden Euro. Sie lagen aber noch gut 42 Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau. Für das laufende Jahr erwartet der bevh beim E-Commerce mit Waren 4,8 Prozent Wachstum.

"Auch der Online-Handel nimmt die Krise wahr", sagte der Präsident des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), Gero Furchheim. "Die merkliche Kaufzurückhaltung, vor allem bei nicht unmittelbar notwendigen Dingen, zeigt die aktuelle Verunsicherung der Menschen verbunden mit gestiegenen Lebenshaltungskosten." Der Onlinehandel sei 2022 zunächst robust mit zweistelligen Wachstumsraten gestartet, aber bei Kriegsausbruch im Februar schlagartig ins Minus gerutscht.

"Besonders bei Mode, Hobby und Freizeit sowie Unterhaltungselektronik brechen aktuell Spontaneinkäufe weg", sagte Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender bevh-Hauptgeschäftsführer. Umsätze mit alltäglichen Bestellungen von Lebensmitteln, Beautyprodukten oder Medikamenten, die in der Pandemie verstärkt in den Online-Handel gewandert seien, blieben hingegen stabil. "Wer den E-Commerce während der Lockdowns für tägliche Bedarfe genutzt hat, kauft auch in Zukunft weiter online ein." Am stärksten war der Rückgang im Online-Handel bei sogenannten Multichannel-Anbietern. Diese konnten laut Verband aber wohl fehlende Internet-Verkäufe teilweise über mehr Umsätze im Ladengeschäft ausgleichen.

INFLATION ALS KONSUMBREMSE

Die Inflation lag 2022 im Jahresschnitt bei 7,9 Prozent und damit so hoch wie nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Teuerung in diesem Jahr auf 6,0 Prozent fällt. "Wir haben den Trend der Inflation gebrochen", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestag. Der private Konsum dürfte 2023 um 0,2 Prozent sinken.

Auch die Paketbranche hat im wichtigen Weihnachtsgeschäft die Folgen der hohen Inflation und Energiepreise zu spüren bekommen und weniger Sendungen zugestellt. Das Volumen der Kurier-, Express- und Paketsendungen habe im November und Dezember mit einem Rückgang von acht Prozent auf rund 725 Millionen Sendungen unter den Ergebnissen des starken Vorjahres 2021 gelegen, teilte der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) zu einer Studie von KE-CONSULT Kurte&Esser mit. Die Deutsche Post hat den "weihnachtlichen Starkverkehr" nach eigenen Angaben gut gemeistert und erklärte: "Im Dezember hatten wir an den stärksten Tagen bis zu elf Millionen Pakete in unserem Netz."

(Bericht von Klaus Lauer, Matthias Inverardi und Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Deutsche Post AG

WKN 555200 ISIN DE0005552004