Zürich (Reuters) - Die Credit Suisse hat bei den Anlegern am Donnerstag erneut für Verunsicherung gesorgt.
Die krisengeplagte Schweizer Großbank stoppte im letzten Moment die Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2022. Auslöser war ein spätabendlicher Anruf der US-Wertpapieraufsicht SEC, wie das Institut am mitteilte. Die Behörde sei mit Fragen zu früheren Abschlüssen an das Institut herangetreten. "Das Management hält es für ratsam, die Veröffentlichung des Abschlusses für kurze Zeit zu verschieben, um die eingegangenen Kommentare besser zu verstehen", hieß es in der Mitteilung. Credit Suisse wollte keine Angaben zu der Frage machen, wann der Geschäftsbericht genau publiziert wird.
Statt das Dokument wie geplant um 6.45 Uhr zu veröffentlichen, überraschte das Institut um sieben Uhr mit einer kurzen Mitteilung. Demnach hat die SEC Klärungsbedarf bei technischen Aspekten der Buchführung und damit zusammenhängenden Kontrollmechanismen. Im Geschäftsbericht 2021 überarbeitete die Bank Angaben zu den Geldflüssen (Cash flows) in den Jahren 2019 und 2020. Im Einzelnen ging es dabei um die Zuordnung von Aktienvergütungen sowie Bewegungen bei Investitionen und Finanzierungen in den Cash-flow-Ausweisen. Einer mit der Situation vertrauten Person zufolge ist neben der SEC keine andere Regulierungsbehörde involviert.
Die Finanzergebnisse für 2022, die vor einem Monat veröffentlicht worden waren, seien von der Anfrage der SEC nicht betroffen. Mit einem Verlust von 7,3 Milliarden Franken verzeichnete Credit Suisse 2022 eines der schwächsten Jahre ihres 167-jährigen Bestehens. Zum Jahresende sorgte zudem ein Vertrauensverlust für Abflüsse von Kundengeldern. Auch im laufenden Jahr erwartet der Konzern einen erheblichen Vorsteuerverlust. Ursache der schlechten Entwicklung ist letztlich eine lange Reihe von Fehlschlägen und Skandalen, die wiederholt die Regulatoren auf den Plan gerufen haben.
An der Börse verloren Credit Suisse nach der neuesten Ankündigung sechs Prozent. "Die Großbank muss unbedingt das Vertrauen der Kunden und Anleger zurückgewinnen", erklärte Daniel Bosshard, Analyst der Luzerner Kantonalbank. "Mit solchen Meldungen wird das tiefe Vertrauen aber noch weiter auf die Probe gestellt."
(Bericht von Oliver Hirt und Noele Illien. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)