München (Reuters) - Die langjährige Chefjuristin von Wirecard hält das angebliche Drittpartnergeschäft des Zahlungsabwicklers für erfunden.
"Nach meinem Eindruck, nach den Untersuchungen hat es das nicht gegeben", sagte Andrea Görres als Zeugin im Prozess gegen den ehemaligen Vorstandschef Markus Braun am Montag vor dem Münchner Landgericht. Das Geschäft mit der Abwicklung von Zahlungen für Partner vor allem in Asien machte einen Großteil des Umsatzes und praktisch den gesamten Gewinn von Wirecard aus.
Görres arbeitet immer noch für das vor drei Jahren in einem Bilanzskandal in die Insolvenz gerutschte Unternehmen. Zurzeit versucht sie für Insolvenzverwalter Michael Jaffe unter anderem die Händler ausfindig zu machen, mit denen Wirecard angeblich zusammengearbeitet hatte. Braun und zwei anderen Managern werden in dem Mammutprozess unter anderem schwerer Bandenbetrug und Marktmanipulation vorgeworfen.
In der Befragung durch Richter Markus Födisch berief sich die Zeugin immer wieder auf Erinnerungslücken. Ihr Verhältnis zu Braun sei "professionell, manchmal etwas schwierig" gewesen. Ihr sei es schwergefallen, mit Ratschlägen in rechtlichen Fragen bei ihm durchzudringen. "Es ging ihm um den kurzfristigen Erfolg, es musste unbedingt die Guidance erfüllt werden", berichtete Görres über Braun. Vertragsabschlüsse seien oft schon veröffentlicht worden, bevor die Verträge ausgearbeitet waren.
In einem aktenkundigen Telegram-Chat hatte Braun sie als "dämlich" bezeichnet. "Das kam schon mal vor", sagte die Chefjuristin. Hinterfragt hatte sie die Anweisungen von oben offenbar selten. "Wir wussten oft nicht, mit wem ein Vertrag abgeschlossen wurde", sagte Görres. "Ich kann verstehen, dass sie das für unplausibel halten, aber das war so."
(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)