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Schweizer Experten wollen Behörde nach Credit-Suisse-Untergang mehr Macht geben

01.09.2023
um 11:17 Uhr

Zürich (Reuters) - Mit zusätzlichen Befugnissen für die Finanzmarktaufsicht Finma will eine Schweizer Expertenkommission nach dem Debakel rund um die Credit Suisse die Bankbranche wetterfester machen.

So solle die Finma die Kompetenz erhalten, systemrelevanten Banken organisatorische Änderungen aufzuzwingen, um sie fru?hzeitig sanierungsfa?higer zu machen, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht der Experten. Zudem solle die Finma fru?her eingreifen ko?nnen und Schutzmassnahmen bereits vor einer Insolvenzgefahr anordnen. Die Experten empfehlen ferner, die Koordination zwischen Finma, der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und dem Finanzministerium zu verbessern.

Nach einem Bankensturm hatte die Schweizer Regierung im März eine Notübernahme der Credit Suisse durch die größere UBS orchestriert und die Transaktion mit staatlichen Garantien von 209 Milliarden Franken abgesichert. Die im Nachgang zur Finanzkrise eingeführten verschärften Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen erwiesen sich den Experten zufolge bei der Bewältigung der Krise als nützlich. Es sei aber auch eine Tatsache, dass die Behörden den für solche Fälle vorgesehenen Abwicklungsplan nicht umgesetzt hätten. In der Folge setzte die Regierung eine Expertengruppe ein, die Reformvorschläge machen sollte, um die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes zu verbessern.

Laut dem nun veröffentlichten Bericht regen die Experten auch an, dass die Finma systemrelevante Banken schon vor einer Sanierung anweisen kann, genu?gend Sicherheiten bei der SNB und ausla?ndischen Zentralbanken zu platzieren. Dadurch sollen die Kreditinstitute jederzeit Zugriff auf genu?gend liquide Mittel haben. Zudem solle die SNB als Sicherheiten fu?r Notfallkredite auch nicht marktfa?hige und schwierig verwertbare Papiere akzeptieren. Eine über die internationalen Vorgaben hinausgehende Anhebung der Eigenmittelvorschriften dra?nge sich dagegen nicht auf.

Die Empfehlungen der acht Experten unter der Leitung des Basler Volkswirtschaftsprofessors Yvan Lengwiler haben keine direkten Auswirkungen, dürften aber in die von der Regierung für das kommende Jahr geplante Überprüfung der Großbanken-Regulierung einfließen. Den beiden größten Schweizer Parteien gehen die Vorschläge wohl nicht weit genung. Die Sozialdemokraten fordern ein Boni-Verbot bei systemrelevanten Banken und höhere Eigenkapitalanforderungen. Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei will, dass auch Banken im Notfall fallengelassen werden können. Sie fordert zudem eine Trennung der Spar-, Kredit- und Vermögensverwaltungsbanken von den Banken mit Eigenhandel.

(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)