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Lindner zu höheren Spitzensteuern - "Rechnung von Merz geht nicht auf"

04.09.2023
um 08:07 Uhr

Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner hat in der Debatte um einen höheren Spitzensteuersatz CDU-Chef Friedrich Merz kritisiert.

"Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf", sagte der FDP-Chef am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Sollte man den sogenannten Mittelstandsbauch, also den Steuersatz für die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, abflachen und dies mit dem Spitzensteuersatz gegenfinanzieren, könne er nur nüchterne Zahlen nennen, sagte Lindner. Der neue Spitzensteuersatz würde dann bei 80.000 Euro Einkommen beginnen, müsste aber 57 Prozent betragen. "Das wäre wirklich eine Strangulierung unserer wirtschaftlichen Entwicklung", warnte Lindner. Wichtiger sei es, jetzt in Deutschland Belastungen zu reduzieren statt zu erhöhen. "Deshalb ist die Alternative: Merz will höheren Steuersatz - Bundesregierung will Wachstumschancengesetz mit Entlastung."

Merz hatte sich offen für eine Diskussion über einen höheren Spitzensteuersatz gezeigt. "Ob der Spitzensteuersatz (...) bei 42 oder 45 Prozent liegt, ist nicht entscheidend. Wichtig ist eine Entlastung der Mittelschicht", sagte Merz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" mit Blick auf die Steuerdebatte. Schon Menschen, die heute nur ein bisschen mehr verdienten als der Durchschnitt, hätten eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern. "Wir müssen die Belastungskurve abflachen, denn Leistung muss sich lohnen", sagte Merz. Hintergrund ist eine Diskussion in der Union, ob die CDU unter bestimmten Bedingungen von der früheren Ablehnung von Steuererhöhungen für Spitzenverdiener abrücken sollte.

Lindner sagte, die Staatsverschuldung von rund 66 Prozent der Wirtschaftsleistung sei derzeit groß. Die Defizite seien zu hoch, weil die Krisenmaßnahmen die Schulden noch oben getrieben hätten. Deshalb müsse man nun die Kriseninstrumente beenden, wobei der Krisenfonds WSF seinen Umfang von 200 Milliarden Euro nicht ausschöpfen werde. Lindner bekräftigte, dass die Kreditermächtigungen wie etwa von den Grünen gefordert nicht für anderes eingesetzt würden. "Das wird mit mir nicht möglich sein." Auf diese Schulden werde man verzichten, was eine gute Nachricht sei.

Zudem betonte Lindner, es werde in der laufenden Legislaturperiode keine weiteren Sondervermögen geben. Wenn man den Konsolidierungskurs fortsetze, werde man in wenigen Jahren wieder eine Schuldenstandsquote von rund 60 Prozent erreichen und damit das Niveau aus der Vor-Corona-Zeit von 2019.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)