Caracas/Georgetown (Reuters) - In Venezuela hat die Bevölkerung in einem Referendum nach Regierungsangaben für die Annexion von zwei Dritteln des Nachbarstaates Guyana gestimmt.
Mindestens 10,5 Millionen der 20 Millionen Wahlberechtigten hätten dem Vorhaben zugestimmt, die 160.000 Quadratkilometer große Region Esequibo zum venezolanischen Staatsgebiet zu erklären, teilte der Vorsitzende der Wahlbehörde, Elvis Amoroso, am Sonntagabend mit. Es habe eine Zustimmung von 95 Prozent gegeben. In dem größtenteils aus dichtem Dschungel bestehendem Gebiet werden große Ölvorkommen vermutet. Der US-Konzern Exxon Mobil gehört zu den Firmen, die Erkundungsbohrungen in Guyana vorgenommen haben.
Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolas Maduro wertete die Abstimmung als "totalen Erfolg". "Das venezolanische Volk hat sich laut und deutlich geäußert", sagte er vor einer jubelnden Menge. Guyanas Präsident Irfaan Ali hatte am Sonntag bei einer Kundgebung erklärt, der Internationale Gerichtshof (IGH) verbiete es Venezuela, "guyanisches Territorium zu annektieren oder zu betreten". Am Freitag hatte der IGH Venezuela untersagt, den Status quo in der Region zu verändern. Vergangenen April hatte sich der IGH in dem Territorialstreit für zuständig erklärt, ein Urteil aber erst in Jahren in Aussicht gestellt. Mit dem Referendum vom Sonntag haben die Venezolaner nach Angaben der Regierung die Zuständigkeit des IGH jedoch abgelehnt.
Welche Konsequenzen die Regierung in Caracas ziehen wird, blieb zunächst offen. Nach den im Referendum gestellten Fragen soll Esequibo zu einem neuen Bundesstaat Venezuelas werden. "Das Ziel der Regierung Maduro ist es, eine Botschaft der Stärke an Guyana zu senden", sagte Ricardo Sucre, Politikprofessor an der Zentraluniversität von Venezuela. Die Seegrenze zwischen den beiden Ländern ist ebenfalls umstritten.
(Bericht von Deisy Buitrago, Vivian Sequera, Mayela Armas, Mariela Nava und Mircely Guanipa, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)