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MS-Medikament von Merck floppt in Studie - Aktie bricht ein

06.12.2023
um 11:32 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Ein herber Rückschlag in der Arzneimittelentwicklung setzt Merck an der Börse massiv unter Druck.

Die Aktien fielen am Mittwoch im Leitindex Dax um gut 14 Prozent auf 139 Euro - der größte Kurssturz seit mehr als 14 Jahren. Merck hatte am Vorabend mitgeteilt, dass sein Multiple-Sklerose-Mittel Evobrutinib in zwei entscheidenden klinischen Studien der Phase-3 das primäre Ziel der Untersuchung nicht erreicht hat. Für den Pharma- und Technologiekonzern ist dies besonders bitter, da er Evobrutinib mögliche Spitzenumsätze in Milliardenhöhe zugetraut hatte. Das Mittel zählte zu den größten Hoffnungsträgern in der Pharmapipeline von Merck.

"Auch wenn wir von den Ergebnissen sehr enttäuscht sind, werden wir unsere Strategie im Unternehmensbereich Healthcare weiter vorantreiben und uns darauf konzentrieren, unser Portfolio an zugelassenen Produkten sowie unsere interne Pipeline weiter zu stärken", sagte Danny Bar-Zohar, Leiter der Forschung & Entwicklung im Pharmageschäft von Merck. Das Unternehmen setze dabei auch auf zugekaufte Innovationen. Die Analysten von JP Morgan gehen davon aus, dass der Konzern wegen des Fehlschlags Rückstellungen bilden könnte, die das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) in diesem Jahr um zwei Prozent reduzieren könnten.

MERCK HAT LANGE DURSTSTRECKE IM PHARMAGESCHÄFT HINTER SICH

Für den Konzern ist es ein erneuter Tiefpunkt im Pharmageschäft, nachdem das Unternehmen 2021 schon die Arbeiten an dem Krebsmittel Bintrafusp alfa nach zwei Studienflops hatte beenden müssen. Es galt ebenfalls als großer Hoffnungsträger. Merck hat im Pharmageschäft bereits eine längere Durstrecke hinter sich und konnte 2017 mit der Krebsimmuntherapie Bavencio erstmals seit neun Jahren wieder ein neues Medikament auf den Markt bringen. Insgesamt schafften es in den vergangenen 15 Jahren nur zwei Merck-Medikamente bis zur Zulassung - neben Bavencio noch das Multiple-Sklerose-Mittel Mavenclad, ebenfalls 2017. Vorstandschefin Belen Garijo hatte sich erst vor kurzem zuversichtlich für Evobrutinib gezeigt und der Arznei Blockbuster-Potenzial zugesprochen.

Dass dem Konzern trotz der Rückschläge bisher nicht der Geduldsfaden im Pharmageschäft riss, ist auch der Merck-Familie geschuldet, die hinter dem Unternehmen steht. Die Nachfahren von Friedrich Jacob Merck, der 1668 mit dem Kauf der Engel Apotheke in Darmstadt die Keimzelle für den weltweit ältesten Arzneimittelhersteller legte, halten bis heute rund 70 Prozent der Anteile. Die Hoffnungen dürften nun auf dem Krebsmedikament Xevinapant legen - es ist neben Evobrutinib der einzige Wirkstoff in der Pipeline, der sich in der dritten und damit letzten Phase der Entwicklung befindet.

Evobrutinib gehört zur Klasse der sogenannten BTK-Inhibitoren, die selektiv die Zellen blockieren sollen, die die schädliche Autoimmunreaktion bei MS auslösen. Auch Konkurrenten wie Roche, Sanofi und Novartis entwickeln Medikamente dieser Art. Das Studienprogramm von Merck mit Evobrutinib umfasste mehr als 2000 Teilnehmer. Das Ziel einer Verringerung der sogenannten annualisierten Schubraten der Patienten konnte das Mittel in zwei zulassungsrelevanten Phase-3-Studien im Vergleich zu der MS-Tablette Aubagio von Sanofi, die 2013 in der EU zugelassen wurde, nicht erreichen.

Merck musste bereits im Frühjahr einen Dämpfer bei der Entwicklung von Evobrutinib verdauen: Die US-Arzneimittelbehörde FDA ordnete eine teilweise Aussetzung der klinischen Prüfung an, nachdem Bedenken aufgekommen waren, dass das Mittel Leberschäden verursachen könnte. Der französische Pharmakonzern Sanofi stieß bei der Entwicklung seines BTK-Medikaments tolebrutinib auf ähnliche Probleme.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Merck KGaA

WKN 659990 ISIN DE0006599905