München (Reuters) - Der Münchner Triebwerkshersteller MTU Aero Engines hat wegen einer teuren Rückrufaktion zum ersten Mal in der 90-jährigen Firmengeschichte rote Zahlen geschrieben.
Unter dem Strich stand ein Verlust von 97 Millionen Euro, wie MTU Aero am Donnerstag mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte der Konzern noch 333 Millionen Euro Nettogewinn erwirtschaftet. MTU hat fast eine Milliarde Euro für die Inspektion von bis zu 3000 Getriebefan-Triebwerken des Partners Pratt & Whitney zurückgestellt. Diese müssen in den nächsten Jahren - teils vorzeitig - für bis zu zehn Monate in die Werkstatt, weil in ihnen eine möglicherweise defekte Turbinenscheibe verbaut ist.
"Das Jahr 2023 war ein Jahr der Gegensätze für die MTU", sagte Vorstandschef Lars Wagner. "Ohne die Sonderbelastung könnte die MTU für das Geschäftsjahr 2023 Rekordwerte verkünden." Operativ erreichte das Unternehmen seine Ziele: Der um die Rückrufaktion bereinigte Umsatz stieg um 19 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro, das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sogar um 25 Prozent auf 818 Millionen Euro. Angepeilt hatte MTU zuletzt zwischen 6,1 und 6,3 Milliarden Euro Umsatz und ein Ebit von etwas mehr als 800 Millionen Euro.
Bilanziell dürfte MTU den Rückruf 2023 verarbeitet haben. Im laufenden Jahr soll der Umsatz auf 7,3 bis 7,5 Milliarden Euro steigen, bei einer um Sondereffekte bereinigten Umsatzrendite (Ebit-Marge) von mehr als zwölf Prozent, wie MTU bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte. 2023 lag die Marge bei 12,9 Prozent. "Die MTU bleibt ein hoch leistungsfähiges Unternehmen, unsere Perspektiven sind überaus positiv", sagte Wagner. "Auch 2024 wollen wir weiter konsequent wachsen."
Die größten Zuwächse erwartet er dabei im boomenden Seriengeschäft mit neuen Triebwerken für die Hersteller Boeing und Airbus, das um mehr als 20 Prozent zulegen soll. Ende des Jahres 2023 lag der Auftragsbestand bei 24,4 Milliarden Euro, 2,1 Milliarden höher als ein Jahr zuvor. "Rein rechnerisch entspricht das einer Auslastung von mehr als drei Jahren", sagte Wagner. An den Zielen für 2025 hält er fest: Acht Milliarden Euro Umsatz und ein operatives Ergebnis (Ebit) von einer Milliarde Euro sollen dann zu Buche stehen.
Die Aktionäre hatte MTU wegen der langwierigen Inspektionen bereits auf magere Jahre eingestellt. Die Dividende für 2023 wird auf 2,00 (2022: 3,20) Euro je Aktie gekürzt, und auch in den nächsten drei Jahren sei "die Möglichkeit zur Zahlung von Dividenden auf dem bisherigen Niveau" eingeschränkt. Denn die tatsächlichen Kosten für den Rückruf fallen erst nach und nach an. Der operative Mittelzufluss (Free Cash-flow), der 2023 noch auf 352 (326) Millionen Euro gestiegen war, werde in diesem Jahr auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag schrumpfen.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)