Berlin (Reuters) - Nach dem Anschlag auf die Stromversorgung des Tesla-Werks in Grünheide bei Berlin fordert die deutsche Industrie einen besseren Schutz der Infrastruktur.
"Infrastrukturen sind die Lebensadern der deutschen Wirtschaft", sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Den Schutz dieser Infrastrukturen gilt es nun leider dringend an die verändere Sicherheitslage anzupassen. Es ist essenziell, dass Investoren Deutschland auch weiterhin als sicheres Land einschätzen können." Der Wettbewerb um Investitionen hänge entscheidend an der Qualität guter Standortfaktoren. Die Sicherheit vor kriminell oder terroristisch motivierten Anschlägen auf die Infrastruktur gehöre bisher dazu.
Wansleben ergänzte, die Infrastruktur sei insbesondere durch Cyberangriffe aus dem Ausland gefährdet. "Wir brauchen eine wirklich effektive Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft, aber auch Rechtsklarheit in den betreffenden Fragen." Die Politik müsse das geplante Gesetz zum Schutz strategisch wichtiger Infrastrukturen mit Maßnahmen zur Cybersicherheit abstimmen und zeitnah verabschieden.
Die lokale Handelskammer in Ostbrandenburg teilte mit, es sei eine rote Linie überschritten worden. "Sicherheit und Verlässlichkeit sind zentrale Rahmenbedingungen, die weltweit Investoren an Deutschland schätzen. Deshalb ist dieser Brandanschlag nicht nur ein Anschlag auf Tesla, nicht nur auf die regionale Wirtschaft, die Mitarbeiter und Anwohner. Es ist ein Anschlag auf alle Unternehmen, die in Brandenburg und Deutschland investieren wollen", sagte Carsten Christ, Präsident der IHK Ostbrandenburg. "Ich sehe den Staat dringend in der Pflicht, unsere Wirtschaft davor zu schützen."
Der Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, sagte in Berlin, Fälle wie jetzt bei Tesla seien eher die Ausnahme. Sollten sie sich häufen, müsse dies anders bewertet werden. "Infrastruktur muss verlässlich sein, und sie war es ja bislang auch immer in Deutschland." Es gebe schon Verwundbarkeiten in der Infrastruktur, dies sei bisher jedoch kein gesamtwirtschaftliches Problem gewesen. "Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist, das bislang die Investoren beschäftigt hat."
Ein Brand an einem Hochspannungsmast in der Nähe des Tesla-Werks in Brandenburg hatte am Dienstag die Stromzufuhr unterbrochen. Die Fabrik ist für mehrere Tage lahmgelegt, den Schaden bezifferte Werkleiter Andre Thierig auf einen hohen neunstelligen Betrag. Pro Tag könne das Unternehmen mehr als 1000 Fahrzeuge nicht produzieren. Zu dem Anschlag bekannte sich die vom Verfassungsschutz Brandenburg als linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe Tesla abschalten!".
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)