EQS-News: Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG (deutsch)
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG
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EQS-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG / Schlagwort(e): ESG
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG
20.03.2024 / 09:00 CET/CEST
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Quo vadis ESG?
Ist der Megatrend ESG am Ende? Der Ukrainekrieg hat auf jeden Fall einen
Einschnitt gebracht. Die Aufstellung muss neu überdacht werden.
In einer Welt, die zunehmend von ökologischen und sozialen Herausforderungen
geprägt ist, hat sich das nachhaltige Investieren zu einem zentralen
Anliegen für Investoren und Unternehmen entwickelt. Der Trend hin zu
Investments, die nicht nur finanzielle, sondern auch nachhaltige Werte
generieren, reflektiert ein wachsendes Bewusstsein über die Verantwortung
des Finanzsektors gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt. Zum Jahr 2023
hat das Volumen nachhaltig verwalteter Vermögen weltweit 35,3 Billionen
Dollar erreicht, was mehr als ein Drittel aller Vermögenswerte in den fünf
größten Märkten der Welt entspricht. Das zeigt: Nachhaltigkeit in der
Finanzbranche ist nicht aus der Mode zu bringen.
Gleichzeitig existiert nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die
Ukraine eine Identitätskrise bezüglich des Labels "ESG-Konform". Die
Regulatoren in den USA und in Europa erarbeiten gerade Richtlinien, um die
Gefahr des Missbrauchs des Nachhaltigkeitsanspruches, sogenanntes
Greenwashing, zur Kundengewinnung einzudämmen. Sie wollen Standards und
Vorschriften einführen, die eine bessere Messbarkeit und Vergleichbarkeit
der Nachhaltigkeitsleistungen ermöglichen.
Die EU-Regulierung, die bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten als nachhaltig
klassifiziert, ist für ESG-Puristen ein Schritt in die falsche Richtung. Die
Einbeziehung von Unternehmen der Gas- und Atomenergie in die Liste der
nachhaltigen Investments hat zu kontroversen Diskussionen geführt. Diese
Entscheidung unterstreicht die Komplexität und die Herausforderungen bei der
Definition von Nachhaltigkeit in einem sich ständig wandelnden
geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext.
Der Ukraine-Krieg hat diese Komplexität weiter vergrößert, indem er die
Rolle der Rüstungsindustrie im Licht von Freiheit und Demokratie neu
bewertet und somit die traditionellen ESG-Ausschlusskriterien in Frage
stellt. Die Diskussion ist entbrannt: Bisher galten Investitionen in Aktien
von Unternehmen, die mit Waffen, Kohle, Tabak, Pornografie, Glücksspiel und
Ölsand als nicht nachhaltig. Nicht ganz zu Unrecht wird gerade die Frage
diskutiert, ob ein Waffenhersteller nicht im Sinne von Freiheit, Demokratie
und Menschenrechte handelt, wenn er zur Verteidigung ebendieser Werte in der
Ukraine Waffen liefert. Ist das ESG-konform? Dürfen große Fonds, die
nachhaltig investieren, zukünftig auch in Waffen investieren? Per se sind
Rüstungshersteller nicht von der "Nachhaltigkeit" ausgeschlossen. Einzelne
Konzerne werden von der Ratingagentur "Sustainalytics" bewertet. So
erreichen Airbus und Rheinmetall eine mittlere Risikoeinstufung und der
Waffentechniker Hensold eine tiefe.
Interessant ist auch: Bis zum Beginn des Ukraine-Krieges 2022 war die
Performance von "nachhaltigen Fonds" besser als der von "nicht
nachhaltigen". Das Gleiche galt auch für an entsprechende Indizes
orientierte ETFs. Im Jahr 2022 verbuchte der MSCI-World-SRI-Index einen
Verlust von 22,1%. Der Index ohne das Kürzel SRI (Socially Responsible
Investment) verlor lediglich 17,7%.
Der MSCI-World-SRI-Index notierte Anfang 2023 bei knappen 2500 Punkten und
Anfang 2024 bei 3060. Eine Steigerung um rund 22 %. Der Vergleichsindex, der
nicht auf nachhaltige Aktien fokussiert ist, startete ins Jahr bei knappen
2650 Punkten und endete bei rund 3120 Punkten. Eine Steigerung um rund 18%.
Möglicherweise ist hier die Anpassung der Richtlinien für Nachhaltigkeit ein
Performancetreiber, die sich auch in den meistens ESG-Konformen-ETFs
niedergeschlagen hat. Der iShares Global Clean Energy Ucits ETF verlor von
seinem Höchststand 2021 sogar mehr als 50 %. Ist das Geld nun nachhaltig weg
oder ist es sinnvoll der alten Kostolany-Weisheit zu folgen und abzuwarten?
Der Hauptgrund für die schlechtere Performance im schwierigen Börsenjahr
2022 lag in der Branchenzusammensetzung. Die ESG-Indizes sind traditionell
stärker in IT- und Technologieunternehmen positioniert. Dagegen sind sie in
den Ölaktien unterrepräsentiert, die aber 2022 ausnahmslos eine gute
Performance gezeigt haben.
Nachhaltigkeit und ESG ist ein weltweites Thema. Dementsprechend sollte
unser Augenmerk sich erneut auch unter diesem Aspekt in Richtung der USA und
den dortigen Präsidentschaftswahlen richten. Nachhaltigkeit ist in
Nordamerika zum Spielball der politischen Auseinandersetzungen zwischen
Republikanern und Demokraten geworden. In Florida ist es Pensionskassen
verboten nach ESG-Richtlinien zu investieren. In Texas werden führende
Asset-Manager an Geschäften gehindert, weil sie angeblich Energieunternehmen
boykottieren.
Letztlich ist die Debatte um ESG-Investitionen und ihre Rolle in aktuellen
geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen ein Spiegelbild der
Suche nach einem ausgewogenen Weg, der ökonomische, ökologische und soziale
Ziele in Einklang bringt. Die Entwicklung von klaren konsistenten
ESG-Standards bleibt eine zentrale Aufgabe, um das Vertrauen in nachhaltige
Investitionen zu stärken und deren Beitrag zur zukünftigen Welt zu
maximieren. Fundamentale Analyse wird noch mehr an Bedeutung erlangen - auch
bei der Auswahl der nachhaltigen Investments.
Zu mwb:
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der Bundesanstalt für
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mit Niederlassungen in Gräfelfing bei München, Hamburg, Hannover, Frankfurt
und Berlin. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet. 1999 erfolgte der
Börsengang. Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der
Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr an den
Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg und Stuttgart.
mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Wertpapierhandel und Corporates &
Markets. Im Wertpapierhandel betreut mwb rund 46.000 Orderbücher für
deutsche und internationale Wertpapiere. Dabei handelt es sich sowohl um
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