- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz
Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - In der heißen Phase der Verhandlungen für einen Zusammenschluss der Stahlgeschäfte von Thyssenkrupp und Tata Steel gibt es immer noch Streitpunkte.
Nach den Angaben von mehreren mit den Gesprächen vertrauten Personen wird unter anderem noch um die Bewertung der beiden Teile gerungen. Das Bündnis war eigentlich als Partnerschaft unter Gleichen geplant, doch die Geschäfte der beiden Stahlschmieden entwickelten sich zuletzt unterschiedlich. Der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp sollte am Mittwoch deshalb auch darüber beraten, wie die so entstandene Bewertungslücke ausgeglichen werden könne, sagten die Insider. Es seien mehrere Optionen im Gespräch. Mit einer Entscheidung über das Joint Venture sei aber noch nicht zu rechnen. Der Konzern und Tata lehnten eine Stellungnahme ab.
Während die Stahlkocher von Thyssenkrupp zuletzt immer bessere Zahlen vorlegten, ging es bei Tata bergab. Die Schätzungen für die Lücke gegenüber den ursprünglichen Bewertungen reichen von einem dreistelligen Millionenbetrag bis zu drei Milliarden Euro. Es gebe mehrere Möglichkeiten, die Lücke zu schließen, sagten Insider. Theoretisch möglich, aber nicht wahrscheinlich sei eine Verschiebung der Anteilsstruktur. Geplant ist bislang ein 50:50-Joint Venture, mit dem Thyssen das Stahlgeschäft entkonsolidieren könnte. "Eine Veränderung dieser Struktur liegt nicht auf dem Tisch", sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Infrage käme, dass Tata weniger Schulden auf das Joint Venture abwälze, sagten zwei Insider. Möglich sei auch eine Barzahlung von Tata an Thyssenkrupp. Eine weitere Option sei, dass Thyssen mehr Schulden oder Pensionsverpflichtungen in das Gemeinschaftsunternehmen einbringe. Letztlich könne es auch eine Mischung aus mehreren Varianten geben.
Bei den Arbeitnehmervertretern würde eine höhere Schuldenlast für das Stahl-Joint Venture allerdings auf Widerstand stoßen. "Das ist inakzeptabel", sagte einer von ihnen Reuters. Schon jetzt sollen dem neuen Unternehmen Schulden in Höhe von über sechs Milliarden Euro aufgebürdet werden - vier Milliarden von Thyssen und 2,5 Milliarden von Tata. Die IG Metall und Arbeitnehmervertreter hatten deshalb Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens angemeldet.
Ziel von Vorstandschef Heinrich Hiesinger sei, Ende des Monats die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen und danach rasch die Verhandlungen mit Tata abzuschließen, hieß es in den verhandlungsnahen Kreisen. Die Arbeitnehmervertreter wollen aber nur zustimmen, wenn alle Fragen beantwortet und alle Zweifel ausgeräumt sind. "Dass dies bis Ende Juni der Fall ist, wird schwierig", sagte einer. Thyssenkrupp-Chef Hiesinger steht auch unter dem Druck des Großaktionärs Cevian und des neu eingestiegenen Hedgefonds Elliott. Der Konzern müsse sich besser aufstellen und profitabler werden, fordern diese.