Berlin (Reuters) - In weiten Teilen Deutschlands gibt es seit Monaten große Trockenheit.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes wurde seit Beginn der Aufzeichnungen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt noch kein trockenerer Sommer registriert. Die Dürre wird nach Angaben der Experten noch mindestens zehn Tage anhalten. Vor allem Landwirte fürchten massive Ausfälle. Aber auch in anderen Branchen beeinflusst das Wetter Umsatz und Ertrag - häufig negativ, manchmal auch positiv. Ein Überblick:
LANDWIRTSCHAFT
Wegen der Dürre rechnet der Deutsche Bauernverband (DBV) mit Ernteeinbußen von mindestens 20 Prozent im Vergleich zum Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre. Allein beim GETREIDE rechnet er mit Einnahmeausfällen von 1,4 Milliarden Euro. In den von der Trockenheit besonders betroffenen Ländern Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt liegen die Erträge beim bereits geernteten WINTERROGGEN um 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Bei der WINTERGERSTE wird bundesweit mit einem Rückgang um 18 Prozent gerechnet.
Der für KARTOFFELN zuständige Verband BOGK geht davon aus, dass die Ernte mindestens um ein Viertel geringer ausfallen wird als in den Vorjahren. Zudem gibt es weniger große Kartoffeln, die für die Herstellung von Pommes frites benötigt werden.
Mit der Dürre haben auch SCHWEINE- UND RINDERHALTER zu kämpfen. Ihnen geht das Futter aus, denn auf den eigenen Feldern kümmert etwa der MAIS vor sich hin. Der Kauf von Futtermittel macht einen Strich durch die Kalkulation, der Bestand muss dann verkleinert werden. In den Dürregebieten sei die Zahl der Schlachtungen deswegen seit Anfang Juli um 15 Prozent gestiegen, berichtet Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Zudem litten Kühe unter der Hitze. Seit Anfang Juni sei die MILCHPRODUKTION deswegen leicht zurückgegangen. Der Bundesverband Deutscher Milchbauern berichtet, immer mehr Betriebe würden in Liquiditätsschwierigkeiten geraten.
VERKEHR
Die SCHIFFFAHRT auf Rhein und Donau ist wegen des Niedrigwassers stark beeinträchtigt. Frachtschiffe können für Rheinfahrten flussaufwärts von Duisburg aus nicht voll beladen werden. Dasselbe gilt für den gesamten deutschen Verlauf der Donau. Dadurch sind die Frachtpreise gestiegen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fürchtet Spätfolgen der Hitze auf STRASSEN. Die Asphaltdecken könnten beschädigt werden. Wasser könne später in die entstandenen Ritzen und Spalten eindringen, und bei Minusgraden könne die Fahrbahndecke ernsthaft beschädigt werden. Schon jetzt gebe es einen Investitionsrückstau in der Verkehrsinfrastruktur von 38,6 Milliarden Euro.
Auch die DEUTSCHE BAHN wird von der Hitze gebremst. Die Zugausfälle lägen ein wenig über den durchschnittlichen Werten, sagte eine Unternehmenssprecherin dem "Handelsblatt".
ENERGIE
Der Stromproduzent EnBW hat die Leistung im Block 2 seines Atomkraftwerks Philippsburg um bis zu zehn Prozent heruntergefahren. Damit wird auf die erhöhte Rheintemperatur reagiert. Das Wasser wird zur Kühlung benötigt. Zudem wollen die AKW-Betreiber die Wärmeabgabe in den Rhein begrenzen. Der Block 7 des EnBW-Rheinhafen-Dampfkraftwerks in Karlsruhe ist bis auf weiteres abgestellt.
PREISE
Der DBV rechnet nicht mit starken Auswirkungen der Dürre auf die Kosten von Lebensmitteln für Verbraucher. Allerdings werden in der Branche für bestimmte Produkte wie KARTOFFELN Steigerungen erwartet. Beim BROT, bei dem Mehl nur einen geringen Anteil der Herstellungskosten ausmacht, wird sich dagegen die Trockenheit kaum auf die Preise auswirken. FLEISCH wird nach Ansicht von Hortmann-Scholten wegen der Notschlachtungen sogar kurzfristig billiger. "Aber zum Herbst werden die Preise vermutlich deutlich zulegen."
GEWINNER
Zu den Profiteuren des Wetters zählen die Hersteller von SPEISEEIS. Allein bis Mai sei ein Umsatzplus von 15 Prozent erzielt worden, sagt Ernst Kammerinke, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. "Die Betriebe sind komplett ausgelastet, die im Winter produzierten Vorräte fast aufgebraucht." In den Betrieben würden Sonderschichten gefahren.
Auch GETRÄNKEHERSTELLER können sich über eine große Nachfrage freuen. Die bayerische Brauwirtschaft meldete für das erste Halbjahr ein Absatzplus von 4,5 Prozent auf 12,2 Millionen Hektoliter. Rekordverkäufe wurden demnach bei alkoholfreien Bier erreicht.