Reuters

Regierung verlängert Rüstungsmoratorium für Saudi-Arabien

29.03.2019
um 07:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Die große Koalition will bis zum 30. September weiter keine Waffen mit deutschen Bauteilen an Saudi-Arabien liefern lassen.

Man habe entschieden, dass das auslaufende Moratorium um weitere sechs Monate verlängert wird, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstagabend in Berlin mit. "Für diesen Zeitraum werden grundsätzlich auch keine Neuanträge genehmigt." Zuvor hatte im Kanzleramt der geheim tagende Bundessicherheitsrat beraten. Dabei mussten Union und SPD eine Einigung finden, weil das Moratorium sonst am 31. März ausgelaufen wäre. Mit der Einigung setzte sich die SPD-Fraktion durch, die zuvor eine Verlängerung des Ausfuhrstopps um sechs Monate gefordert hatte. Unions-Politiker hatte dagegen eine erneute Verlängerung wegen des Protests der wichtigsten EU-Partner kritisch gesehen.

Die Regierung einigte sich aber auf zwei Einschränkungen. Zum einen will die Koalition der Peene-Werft in Wolgast helfen, den Schaden aus den von Saudi-Arabien bestellten Küstenschutzschiffe zu minimieren, die zum Teil bereits gebaut sind, aber nicht ausgeliefert werden dürfen. Die Boote sollen entweder in Deutschland eingesetzt werden - dafür könnten sie vom Bund etwa für die Marine, den Zoll oder die Bundespolizei angekauft werden. Dies hatten auch Parlamentarier der großen Koalition gefordert. Als zweite Option soll versucht werden, dass weitere Schiffe für Saudi-Arabien von der Werft zwar gebaut, aber noch nicht ausgeliefert werden.

Die zweite Einschränkung betrifft Rüstungsgüter, die von deutschen Firmen zusammen mit Unternehmen aus anderen EU-Staaten hergestellt werden und nach Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden sollten. Hier sollen bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen für Waffen aus Gemeinschaftsprojekten mit EU-Partnern zunächst bis zum 31. Dezember 2019 verlängert werden. Allerdings sollen sich die Firmen gleichzeitig verpflichten, dass sie bis Ende des Jahres dennoch keine "endmontierten Rüstungsgüter" an Saudi-Arabien oder die VAE ausliefern.

Die Bundesregierung möchte zudem sicherstellen, dass Partnerländer wie Großbritannien oder Frankreich, die solche Waffen nach Saudi-Arabien exportieren wollen, von der Regierung in Riad die Zusicherung einholen, dass die Waffen auf keinen Fall im Jemen-Krieg eingesetzt werden. Hintergrund ist eine Festlegung im Koalitionsvertrag, dass Deutschland keine Waffen an Kriegsparteien im Jemen liefern darf.

Die Verlängerung der Ausfuhrgenehmigungen ist für die Firmen wichtig, weil sie ansonsten bei auslaufenden Exporterlaubnissen neue Lizenzen beantragen müssten. Dies dauert in Deutschland nach Ansicht der Industrie und anderer EU-Staaten überdurchschnittlich lange. Die Bundesregierung will mit der Verlängerung der Ausfuhrgenehmigungen auch milliardenschwere Schadensersatzklagen der Industrie abwenden.

Die große Koalition hatte ein Moratorium für Rüstungs-Exporte nach Saudi-Arabien als Reaktion auf den Mord an dem saudischen Journalisten Kashoggi verhängt. Die wichtigsten EU-Partner Frankreich, Großbritannien und Spanien haben sich dem einseitig erklärten nationalen deutschen Rüstungsstopp für Saudi-Arabien aber nie angeschlossen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die deutsche Boykott-Politik gegenüber Saudi-Arabien sogar als "naiv" bezeichnet.

Alle drei EU-Regierungen warnten die Bundesregierung davor, dass diese mit ihrem Alleingang auch Arbeitsplätze in ihren Ländern aufs Spiel setzt. In einem ungewöhnlichen Schritt hatte die französische Botschafterin in Deutschland, Anne-Marie Descotes, öffentlich davor gewarnt, dass EU-Firmen künftig bei gemeinsamen Rüstungsprojekten auf eine deutsche Beteiligung verzichten könnten. Frankreich will auch in geplante deutsch-französische Rüstungsprojekte erst einsteigen, wenn es eine Zusage erhält, dass die deutsche Exportpolitik die Ausfuhr von Gemeinschaftsprodukten künftig nicht erneut gefährdet.

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