Düsseldorf/München (Reuters) - Der kriselnde Mischkonzern ThyssenKrupp gibt Vorstandschef Guido Kerkhoff den Laufpass.
Der Personalausschuss des Aufsichtsrats habe den Gremium empfohlen, mit dem 51-Jährigen "Verhandlungen über eine zeitnahe Beendigung seines Vorstandsmandates aufzunehmen", teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit. Kerkhoff ist seit 2011 im Konzern und hatte im Juli 2018 die Nachfolge des überraschend zurückgetretenen Heinrich Hiesinger angetreten. Kerkhoff stand von Anfang in der Kritik einiger Investoren. Nach mehreren Strategiewechseln und Prognosesenkungen hatte er zuletzt immer mehr an Vertrauen im Markt verloren.
Anstelle von Kerkhoff soll Aufsichtsratschefin Martina Merz für bis zu zwölf Monate als Vorstandschefin einspringen. Die ehemalige Bosch-Managerin führt erst seit Februar das Kontrollgremium. Sie hatte rasch klar gemacht, dass sie Kerkhoff genau auf die Finger schauen werde. Der langjährige Finanzchef muss für das Ende September endende Geschäftsjahr 2018/19 einen hohen Verlust ausweisen. Zudem musste der über 200 Jahre alte Konzern jüngst den Dax verlassen.
MERZ UND RUSSWURM IM ROLLENTAUSCH
Sobald der Vorstandsvorsitz neu besetzt wird, werde Merz in den Aufsichtsrat zurückkehren, erklärte Thyssenkrupp. In der Zwischenzeit soll der ehemalige Siemens-Manager Siegfried Russwurm die Funktion des Aufsichtsratschefs übernehmen. Russwurm war vor einem Jahr selbst als Nachfolger Hiesingers gehandelt worden. Der Manager genießt auch bei Arbeitnehmervertretern einen guten Ruf. Die Gewerkschafter und Betriebsräte stellen die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats. Sie spielen damit neben den Großaktionären Krupp-Stiftung und Cevian eine Schlüsselrolle bei den Entscheidungen im Konzern. Neu einziehen soll in den Vorstand Klaus Keysberg mit Ressortverantwortung für die Business Areas Materials Services und Steel Europe.
"Der Aufsichtsrat wird zeitnah in einer außerordentlichen Sitzung über die Empfehlungen des Präsidiums und des Personalausschusses beraten und entscheiden", hieß es in der Mitteilung. Dass Kerkhoff gehen muss, dürfte allerdings nur noch eine Formsache sein. Er hatte zuletzt den Börsengang oder Verkauf der lukrativen Aufzugssparte vorangetrieben und mehrere Geschäfte zu Disposition gestellt. "Die im Mai 2019 angekündigte und vom Aufsichtsrat einstimmig beschlossene Neuausrichtung des Konzerns wird konsequent fortgesetzt", kündigte der Konzern an.