Frankfurt (Reuters) - Wie gewonnen so zerronnen: Europas Börsen sind nach dem jüngsten Erholungsversuch am Mittwoch wieder auf Talfahrt gegangen.
Dax und EuroStoxx50 tauchten jeweils um rund drei Prozent auf 9686 und 2760 Punkte ab. Bei den Unternehmen häufen sich in Folge der Coronavirus-Pandemie die Gewinnwarnungen und Dividendenstreichungen. In den USA breitet sich das Virus rasant aus, das Weiße Haus rechnet mit bis zu 240.000 Todesfällen in den kommenden Monaten. "Die Aktienmärkte bleiben damit klar in der Gefahrenzone und es braucht nicht viel an negativen Nachrichten, so dass Anleger wieder in den Panik-Modus schalten", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader.
Auch an den asiatischen Börsen kochten zu Beginn des neuen fiskalischen Geschäftsjahres die Rezessionsängste hoch, nachdem der Tankan-Stimmungsindex bei den großen japanischen Industriekonzernen erstmals seit sieben Jahren ins Minus rutschte. In Tokio fiel der 225 Werte umfassende Nikkei-Index um viereinhalb Prozent.
Am Devisenmarkt deckten sich Anleger im Vorfeld der Beschäftigtenzahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP am Nachmittag (MEZ) mit der Weltleitwährung ein. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, stieg um ein halbes Prozent auf 99,603 Punkte. Der Euro verlor ein Prozent auf 1,0924 Dollar. Experten rechnen für März mit einem Abbau von 150.000 Stellen, nachdem im Vormonat noch 183.000 neue Jobs geschaffen worden waren.
Das Überangebot an Rohöl auf den Weltmärkten sorgt indes für volle Lager in den USA. Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich um fünf Prozent auf 25 Dollar je Fass. Nach Daten des privaten Anbieters API stiegen die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche um 10,5 Millionen Barrel an. Analysten hatten lediglich mit einem Aufbau von vier Millionen Barrel gerechnet.
SCHMERZHAFTE DIVIDENDENSTREICHUNGEN
Nach Berechnungen von Barclays werden die Dividendenzahlungen von pan-europäischen Firmen in diesem Jahr um rund 40 Prozent zurückgehen. "Da immer mehr Unternehmen Dividenden und Rückkäufe sowie Boni und Gehälter kürzen, wird das Jahr 2020 wahrscheinlich ein äußerst schmerzhaftes Jahr für Aktionäre und Pensionsfonds", sagte Analyst Michael Hewson von CMC Markets in London. Besonders letztere seien von Dividendeneinnahmen abhängig, um sie an die bestehenden Rentner auszuzahlen und gleichzeitig den Rententopf für den künftigen Rentenbedarf zu vergrößern.
Den Ausblick für 2020 kassierten der Versicherer Münchener Rück, der Autozulieferer Continental und der Bau- und Industriedienstleister Bilfinger. Bilfinger will auch den gegenwärtigen Dividendenvorschlag für das Geschäftsjahr 2019 überdenken. Die Papiere brachen um dreizehn Prozent ein. Im Gegensatz dazu hält die Münchener Rück an ihrem Dividendenversprechen fest. Die Aktien fielen um drei Prozent. Conti-Papiere gaben sechs Prozent nach.
ANALYST - BEDENKEN RUND UM OSRAM-ÜBERNAHME WACHSEN
Anleger trennten sich nach der Aussetzung von Gewinnausschüttungen von Bankenwerten. Papiere von HSBC, Santander und Lloyds sackten um bis zu 9,7 Prozent ab. Der europäische Branchenindex fiel um 4,7 Prrozent und näherte sich erneut seinem Allzeittief. Der durch die massiven Liquiditätsspritzen der Notenbanken aufgekeimte Optimismus sei verfrüht gewesen, sagte ING-Ökonom Bert Colijn.
Aktien von AMS gaben 8,8 Prozent nach. Der österreichische Sensor-Spezialist brachte seine milliardenschwere Kapitalerhöhung für die Übernahme von Osram über die Bühne. Allerdings bekam AMS nur 62 Prozent der angebotenen Aktien unter, so dass die Banken die restlichen Papiere auf die eigenen Bücher nehmen mussten. Osram-Aktien verloren mehr als sechs Prozent. Den Analysten von Liberum zufolge nehmen die Bedenken rund um die Übernahme zu "aufgrund der anhaltend starken Schwäche der Autonachfrage auf Grund von Covid-19 und der wahrscheinlichen Auswirkungen auf Rentabilität und Cashflow von Osram."