- von Jan Schwartz
Hamburg (Reuters) - Der Autozulieferer Continental will ohne Staatshilfen durch die Corona-Pandemie kommen.
Der Dax-Konzern aus Hannover kündigte eine Reihe von Maßnahmen an, um die Liquidität zu sichern. Rund 30.000 Mitarbeiter, die Hälfte der Belegschaft in Deutschland, sollen in Kurzarbeit gehen. Auch an anderer Stelle wird gespart, etwa indem Investitionen verschoben werden. Das Management verzichtet auf zehn Prozent seines April-Gehalts. An der geplanten Dividende von vier Euro je Aktie will Conti aber festhalten. Mit einem Liquiditätspolster einschließlich Kreditlinien von knapp sieben Milliarden Euro sieht sich der Konzern gut gerüstet, um den weltweiten Stillstand in der Autoindustrie zu überstehen. "Wir werden diese Krise erfolgreich meistern", sagte Vorstandschef Elmar Degenhart am Mittwoch.
Aus heutiger Sicht benötige Continental keine Staatshilfen, sagte Degenhart bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Sollte sich der Shutdown jedoch länger hinziehen, könne er dies nicht ausschließen: "Irgendwann kommt jedes Unternehmen an seine Grenzen." Niemand könne derzeit vorhersagen, wie sich die Situation in den nächsten zwölf Monaten entwickeln werde.
Weltweit haben Autobauer und Zulieferer ihre Produktion wegen der Pandemie eingestellt, und auch in anderen Branchen ruht die Arbeit weitgehend. Die Bundesregierung rechnet in der Corona-Krise mit einer Rekordzahl von gut 2,3 Millionen Kurzarbeitern. Bei Continental stehen weltweit mehr als 40 Prozent der 249 Produktionsstandorte für die Dauer von bis zu einigen Wochen still. Bis auf China, wo das Virus seinen Ursprung hatte - dort sind die Werke wieder zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet.
An der Börse trafen die Nachrichten von Continental auf ohnehin verunsicherte Anleger. Die Aktien des einstigen Börsenstars brachen zeitweise um gut acht Prozent auf 60,30 Euro ein. Damit summiert sich das Minus seit Jahresbeginn auf etwa 46 Prozent. Anfang 2018 hatten die Titel bei 257,40 Euro ein Rekordhoch markiert.
CONTI IN EINER SCHWIERIGEN PHASE
Die Pandemie trifft Continental in einer kritischen Phase. Schon im vergangenen Jahr war der weltweit drittgrößte Autozulieferer wegen der weltweit schrumpfenden Fahrzeugproduktion und hohen Kosten für den Konzernumbau von der Erfolgsspur abgekommen. Degenhart deutete an, dass der ohnehin geplante Sparkurs angesichts der Corona-Krise schärfer ausfallen könnte.
Der Betriebsrat regte an, die Dividende ausfallen zu lassen, um die Firmenkasse zu schonen. "Wir hoffen, dass sich unser Unternehmen nicht zu den Konzernen gesellt, die in der Krise den Wertekompass verlieren," erklärte Betriebsratschef Hasan Allak.
Erst im September hatte das Management einen radikalen Umbau angekündigt, von dem bis 2029 rund 20.000 Mitarbeiter weltweit betroffen sein werden. Etwa 7000 Arbeitsplätze der mehr als 60.000 Stellen in Deutschland stehen auf der Kippe. Werke sollen geschlossen werden, weil Teile für Benzin- und Dieselmotoren von den Autobauern weniger nachgefragt werden.
Die in Vitesco Technologies umbenannte Antriebssparte, die einen Großteil ihres Geschäfts mit Komponenten für Verbrennungsmotoren macht, will Conti trotz der heraufziehenden Rezession abspalten und an die eigenen Aktionäre übertragen. Degenhart geht davon aus, dass die verschobene Hauptversammlung im Sommer virtuell abgehalten werden kann und die Aktionäre dann darüber entscheiden werden. "Das lässt uns nach wie vor die Option, den Spin-off noch im laufenden Jahr zu realisieren."
DIE BREMSSPUREN DER KRISE
Im ersten Quartal zeigte der Stillstand in der Autoindustrie bereits tiefe Bremsspuren im Geschäft: Der Konzernumsatz lag nach vorläufigen Zahlen zwischen 9,4 und 9,8 (Vorjahreszeitraum 11) Milliarden Euro, die bereinigte operative Rendite (Ebit-Marge) fiel auf zwei bis drei Prozent nach 8,1 Prozent im Vorjahr. Dabei schrumpfte die Marge im Bereich Automotive Technologies und der ehemaligen Sparte Powertrain auf Null. Den Ausblick für 2020 kassierte Conti. Wegen der andauernden Unsicherheit sei nicht absehbar, wann eine neue Prognose gegeben werden könne.