Düsseldorf (Reuters) - Der kriselnde Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof kämpft in der Coronakrise um sein Überleben.
Der Kette mit ihren über 28.000 Mitarbeitern brechen angesichts geschlossener Filialen die Umsätze weg. Der Konzern will nun unter einem Schutzschirm seine Sanierung fortsetzen. Die Gewerkschaft Verdi pocht dabei auf eine Einbindung der Beschäftigten. "Ein erfolgreiches Unternehmen kann nur entstehen, wenn Beschäftigte und ihre Gewerkschaft beteiligt werden", forderte die im Verdi-Bundesvorstand für den Handel zuständige Stefanie Nutzenberger. Beide Ketten blicken auf eine bewegte Vergangenheit zurück und kämpfen seit Jahren mit den Umbrüchen im Handel und der erbitterten Konkurrenz durch Online-Händler wie Amazon. Alleiniger Eigner von Galeria Karstadt Kaufhof ist seit Juni 2019 die Signa-Holding des österreichischen Immobilien-Investors Rene Benko. Diese stehe zu ihrer Verantwortung und werde zusätzliche Beiträge leisten, betonte der Warenhauskonzern.
Galeria Karstadt Kaufhof hatte am Mittwoch ebenso wie die Tochter Karstadt Sports ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Der Insolvenzverwalter Frank Kebekus wurde vom Amtsgericht Essen als Sachwalter eingesetzt und überwacht damit die Sanierung. "Ziel ist es, Galeria zu schützen", erklärte der Konzern. Die Umsätze waren schon seit Anfang März wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus dramatisch zurückgegangen. Seit dem 18. März sind die Warenhäuser geschlossen. Das Unternehmen zeichnet ein düsteres Bild: "Jede Woche verliert Galeria Karstadt Kaufhof so mehr als 80 Millionen Euro Umsatz, während wesentliche Kosten weiterlaufen. Bis Ende April wird sich der Umsatzausfall auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summieren."
STAATSHILFE?
Andere Einzelhändler wie die Parfümeriekette Douglas oder die Elektronikhandelsholding Ceconomy denken über Staatshilfe nach oder haben sich schon entschieden, einen Hilfskredit bei der Förderbank KfW zu beantragen. Auch Galeria Karstadt Kaufhof verhandelt mit ihren Banken, über die die staatlich garantierten Kredite abgewickelt werden müssen. Karstadt-Finanzchef Miguel Müllenbach machte deutlich, dass diese Gespräche nicht schnell genug vorangeschritten seien. "Dieser Prozess ist sehr bürokratisch, kostet wertvolle Zeit, ist mit zusätzlichen Hürden verbunden - und hat deshalb einen ungewissen Ausgang", beklagte Müllenbach. "Auf eine Lösung können wir aber nicht noch weitere Wochen der Krise warten." Mit dem Schutzschirm-Verfahren will der Konzern wieder das Heft des Handelns in die Hand nehmen.
Die Bundesregierung hat versprochen, mit den geschnürten Hilfspaketen so viele Jobs wie möglich zu erhalten – und auch Insolvenzen zu vermeiden. Doch der Teufel steckt im Detail. Gerade bei größeren Unternehmen solle geprüft werden, ob das Geschäftsmodell schon vor der Corona-Krise nicht mehr funktioniert habe, heißt es in Regierungskreisen. Firmen, die auch ohne die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bereits in Schieflage oder Not gewesen seien, solle nicht noch Steuergeld hinterhergeworfen werden. Zudem seien viele Unternehmen zu wenig widerstandsfähig, weil sie zu geringe Rücklagen und zu wenig Eigenkapital hätten.
VORSTANDSCHEF FANDERL ERKRANKT
Galeria Karstadt hatte bereits den erfahrenen Sanierer Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigten verpflichtet, der auch die insolvente Drogeriekette Schlecker abgewickelt hatte. Chef des Warenhaus-Konzerns ist Stephan Fanderl, der aber mehreren Insidern zufolge aktuell aufgrund einer Erkrankung nicht an Bord sei. Der Konzern wollte dies nicht kommentieren. Fanderl hatte Karstadt bereits einen harten Sanierungskurs verordnet, auch bei Kaufhof hatte er nach der Übernahme den Rotstift angesetzt. Müllenbach zufolge rechnete der Konzern im laufenden Geschäftsjahr mit einen operativen Ertrag (Ebitda) von mehr als 100 Millionen Euro. Doch das war vor dem Ausbruch der Coronakrise. Nun könnten unter dem Schutzschirm weitere harte Sanierungsschritte folgen, fürchten Vertreter der Arbeitnehmer.
Das Schutzschirmverfahren gilt als Vorstufe der Insolvenz, folgt den gleichen Regeln und mündet oft in ein reguläres Insolvenzverfahren. Es ist Unternehmen vorbehalten, die noch nicht zahlungsunfähig sind, denen aber die Pleite droht. Unter dem Schutzschirm sind sie für drei Monate vor dem Zugriff der Gläubiger sicher und sollen damit genügend Zeit bekommen, ihre Finanzen zu ordnen. Karstadt hatte bereits 2009 ein Insolvenzverfahren überstanden.