Frankfurt (Reuters) - Aus Südafrika liegen die bislang umfangsreichsten Daten zu Corona-Verläufen unter der neuen Omikron-Variante vor, doch Experten warnen, diese auf Deutschland zu übertragen.
"Wir haben noch keine systematischen Daten für Deutschland und auch nicht, wie schwer die Erkrankungen sind", sagte die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt am Mittwoch auf einem Presse Briefing des Science Media Center. "Man kann noch nicht wirklich sicher etwas zur Krankheitsschwere bei uns sagen und wir dürfen uns auch nicht eins zu eins mit Südafrika vergleichen." Dort sei die Bevölkerung im Schnitt deutlich jünger und die bisherige Infektionsrate sehr viel höher. Die Politik müsse daher möglichst schnell handeln, um die Ausbreitung von Omikron zu bremsen.
Die neue Variante, die sich rasant ausbreitet, hat wegen ihrer Vielzahl von Mutationen für Alarm gesorgt. Die bestehenden Covid-19-Impfstoffe schützen deshalb nach ersten Studiendaten deutlich weniger vor einer Infektion als gegen die bislang dominierende Delta-Variante. Nach Daten von Biontech und Pfizer erhöhte ein dritter Booster die Wirksamkeit aber wieder. Eine am Dienstag veröffentlichte großangelegte Studie aus Südafrika zeigte, dass eine zweifache Impfung einen 70-prozentigen Schutz vor schweren Verläufen bot, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, und von 33 Prozent vor einer Infektion. Die Ergebnisse der Analyse unter realen Bedingungen gehören zu den ersten über den Schutz vor Omikron außerhalb von Laborstudien.
Ciesek warnte, sich zu sehr auf Booster-Impfungen zu verlassen und auf die Testpflicht für Geboosterte zu verzichten. "Im Moment habe ich das Gefühl, das vermittelt wird 'lassen sie sich boostern und die Welt ist wieder gut' - das ist nicht so." Es gelte weiter vorsichtig zu sein. Man wisse nach wie vor zu wenig über Omikron. Die Politik müssen nun schnell handeln und Notfallpläne auf den Tisch legen, forderte Dirk Brockmann, Leiter der Projektgruppe Epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten vom Robert Koch-Institut. Er sei "außerordentlich besorgt".
Nach Einschätzung von Christoph Neumann-Haefelin, Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Virusimmunologie am Universitätsklinikum Freiburg, wird sich Omikron bis Mitte Januar in Deutschland durchsetzen. "Ich hoffe, das sich am Schluss zeigt, dass Omikron nicht so schwere Krankheitsverläufe macht, aber sich darauf zu verlassen, wäre dann sehenden Auges in die Katastrophe zu laufen."