- von Trevor Hunnicutt und Andreas Rinke
Washington/Berlin (Reuters) - Die G7-Staats- und Regierungschefs planen auf ihrem Gipfel in Japan eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.
Neue Maßnahmen zielten auf Energie und Exporte, die Moskaus Kriegsanstrengungen unterstützen, sagten Beamte mit direkter Kenntnis der Gespräche der Nachrichtenagentur Reuters. Wie auch bei den derzeit diskutierten neuen EU-Sanktionen gegen Russland steht dabei im Fokus, wie Sanktionsumgehungen durch Drittländer vermieden werden können. Die US-Regierung fordert, von einer Negativliste für Exporte nach Russland auf eine Positivliste umzuschwenken. Dies würde bedeuten, ein automatisches Ausfuhrverbot zu verhängen und dann Warengruppen zu definieren, die davon ausgenommen sind. Diese Änderung könnte es Moskau erschweren, Lücken in den Sanktionsregelungen zu finden, argumentiert die Regierung in Washington.
Der Gipfel der sieben führenden westlichen Industrienationen findet vom 19. bis 21. Mai im japanischen Hiroshima statt. Darüber, auf welche Weise die Sanktionen verschärft werden sollen, sind sich allerdings Amerikaner und Europäer noch nicht einig.
Der Ansatz der USA stößt jedoch etwa in Berlin, aber auch in anderen G7-Hauptstädten auf Kritik. "Der manchmal diskutierte Ansatz 'Wir verbieten erst einmal alles und lassen Ausnahmen zu' wird aus unserer Sicht nicht funktionieren", heißt es in deutschen Regierungskreisen. "Wir wollen unbeabsichtigte Nebenwirkungen vermeiden." Hintergrund dürfte auch sein, dass aus Europa deutlich mehr Güter in nicht sanktionierten Branchen - von Medikamenten bis Nahrungsmittel - nach Russland exportiert werden als aus den USA.
"SEHEN EXTERRITORIALE SANKTIONEN SEHR, SEHR KRITISCH"
Allerdings rätseln auch die Europäer, wie man am besten Sanktionsumgehungen verhindert. So will die EU aktiv mit Ländern reden, aus denen Firmen auf EU-Sanktionslisten aufgeführte westliche Waren importieren, um sie dann nach Russland weiterzuverkaufen. Dazu zählen etwa die Türkei, Kasachstan oder Armenien. Die EU-Kommission schlägt zudem vor, auch chinesische Firmen bei den Sanktionen zu listen, die Dual-Use-Güter nach Russland liefern, die dann militärisch genutzt werden können.
Das Problem: Die Bundesregierung hat solche Sanktionen gegen Drittstaaten oder deren Firmen bisher immer abgelehnt und betont auch jetzt, dass man die amerikanische Praxis sogenannter exterritorialer Sanktionen "sehr, sehr kritisch" sehe. Deutschland werde diese Grundposition sowohl bei der EU als auch den G7 vertreten. "Da finden wir aber auch viel Zustimmung", sagte ein Regierungsvertreter. Die EU arbeitet derzeit an einem 11. Sanktionspaket gegen Russland. Auch innerhalb der EU ist umstritten, ob dabei chinesische Firmen gelistet werden sollen, wie die EU-Kommission dies vorschlägt.
Die USA wollen aber zumindest einen abgespeckten Ansatz bei G7 durchsetzen, der sich dann auf die für das russische Militär sensibelsten Bereichen bezieht. Die genauen Bereiche, für die diese neuen Regeln gelten sollen, würden noch diskutiert, hieß es in Washington. "Sie sollten davon ausgehen, dass es in einigen wenigen Bereichen, insbesondere in Bezug auf die russische Verteidigungsindustrie, zu einer geänderten Politik kommen wird", sagte ein US-Beamter, der nicht namentlich genannt werden wollte, zu einem möglichen Exportverbot. Der G7 gehören die Vereinigten Staaten, Japan, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien und das Vereinigte Königreich an.
Unterdessen hat einer der weltweit größten Werkzeugmaschinenbauer laut einem Medienbericht begonnen, die spätere Verwendung seiner Produkte zu überwachen, um sicherzustellen, dass sie nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden. Laut einem Bericht der "Financial Times" forderte das deutsch-japanische Unternehmen DMG Mori seine Kunden weltweit auf, ein System zu installieren, das Geräte aus der Ferne abschalten kann, wenn sie entfernt oder demontiert werden.
(Bericht von Trevor Hunnicutt, Andreas Rinke; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)