Reuters

Plan für Koran-Verbrennung löst Streit zwischen Schweden und Irak aus

20.07.2023
um 16:47 Uhr

- von Ahmed Rasheed und Timour Azhari und Anna Ringstrom

Bagdad/Stockholm (Reuters) - Der Irak hat den schwedischen Botschafter ausgewiesen, nachdem das skandinavische Land Pläne zur Verbrennung eines Korans auf einer Kundgebung geduldet hat.

Die irakische Regierung rief am Donnerstag zugleich ihren Geschäftsträger in Schweden zurück. Vorausgegangen war in der Nacht die Erstürmung der schwedischen Botschaft in Bagdad, die von der aufgebrachten Menge in Brand gesteckt wurde. Diese Ausschreitungen hatte die irakische Regierung zwar zunächst verurteilt. Allerdings kündigte Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani auch an, eine Verbrennung des Korans auf schwedischem Boden werde ein Ende der diplomatischen Beziehungen nach sich ziehen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur des Irak berichtete, setzte das Land zudem die Geschäftslizenz des schwedischen Telekom-Ausrüsters Ericsson aus.

Die schwedische Polizei hatte eine für Donnerstag geplante Kundgebung vor der irakischen Botschaft in Stockholm genehmigt, zu der zwei Teilnehmer erwartet wurden, die einen Koran und eine irakische Flagge verbrennen wollten. Einer der beiden Männer, ein Immigrant aus dem Irak, hat bereits im Juni vor einer Stockholmer Moschee einen Koran angezündet. Die Polizei wollte ähnliche Demonstrationen wegen Sicherheitsbedenken verbieten, scheiterte bislang aber an Gerichten, die die Meinungsfreiheit eingeschränkt sehen.

Bei der Kundgebung vor der irakischen Botschaft in Stockholm wurde Reuters-Augenzeugen zufolge ein Buch mit Füßen getreten und teilweise zerstört, das Demonstranten als Koran bezeichneten. Verbrannt wurde es aber nicht. Die Regierung in Bagdad hatte ihren Geschäftsträger aus Stockholm zurückgerufen, bevor die Demonstranten nach rund einer Stunde den Bereich an der irakischen Botschafter verließen.

WÜTENDE MENGE STÜRMT SCHWEDISCHE BOTSCHAFT

Im Irak hatte die Duldung der Kundgebung samt angekündigter Koran-Verbrennung wütende Proteste ausgelöst. Auf im Internet verbreiteten Video-Aufnahmen ist zu sehen, wie sich in der Nacht zum Donnerstag Hunderte Demonstranten rund um die schwedische Botschaft in Bagdad versammeln. Zunächst riefen sie "Ja, ja zum Koran" und bekannten sich zum schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr. Dann stürmten sie das Gebäude, aus dem später Rauch aufstieg. Nach schwedischen Angaben ist das Botschaftspersonal in Sicherheit. Auch die finnische Botschaft, die zum Teil in derselben Anlage liegt wie die schwedische, wurde einem Bericht der finnischen Nachrichtenagentur STT zufolge geräumt. Das Personal sei ebenfalls in Sicherheit.

Schwedens Außenminister Tobias Billström warf der irakischen Regierung vor, das Wiener Übereinkommen zum Schutz von Botschaften ignoriert zu haben. Der Vorfall sei völlig inakzeptabel. Auch die US-Regierung verurteilte den Angriff auf die Botschaft scharf. Die irakischen Sicherheitsdienste hätten die Demonstranten an der Erstürmung der diplomatischen Vertretung hindern müssen, erklärte das Außenministerium.

Der Geistliche Sadr ist eine der mächtigsten Persönlichkeiten im Irak, dem Hunderttausende Anhänger folgen. Am Donnerstag forderte er die Regierung auf, eine entschiedene Haltung einzunehmen. "Ich werde die (...) offizielle Antwort abwarten, bevor ich selbst etwas unternehme", schrieb er auf Twitter. Er rief bereits im Juni zu Demonstrationen gegen Schweden und zur Ausweisung des schwedischen Botschafters auf, nachdem der Iraker in Stockholm einen Koran verbrannt hatte. Auch die Regierungen mehrerer muslimischer Länder - darunter der Irak, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien und Marokko - protestierten gegen den Vorfall. Der Irak forderte die Auslieferung des Mannes.

(geschrieben von Hans Busemann und Elke Ahlswede, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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