Düsseldorf (Reuters) - Nach dem Eklat in der vergangenen Aufsichtsratssitzung hat die IG Metall den neuen Thyssenkrupp-Boss Miguel Lopez vor Alleingängen bei Fragen wie der Zukunft der Stahlsparte oder des Marinegeschäfts gewarnt. "So nicht, Herr Lopez" - unter dieser Überschrift wandte sich die Gewerkschaft am Freitag in einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Betriebsinfo an die Mitarbeiter des Industriekonzerns. "Ich warne davor, die bewährte Sozialpartnerschaft weiter anzugreifen", sagte
Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol. Wichtige Entscheidungen wie die Verselbstständigung der Marine oder ein Teilverkauf des Stahlbereichs dürften nicht gegen den Willen der Arbeitnehmer und mit der Doppelstimme von Aufsichtsratchef Siegfried Russwurm durchgesetzt werden, sagte Nasikkol, der auch im Aufsichtsrat sitzt.
Bei der Sitzung am 29. November waren zwei zusätzliche Vorstände gegen den geschlossenen Willen der Arbeitnehmerbank berufen worden. Dies war nur möglich, weil Aufsichtsratschef Russwurm seine in Pattsituationen mögliche Doppelstimme einsetzte. Die IG Metall kritisierte dies als Tabubruch und Kampfansage. "Die Anteilseigner haben sich damit von einem fairen Miteinander verabschiedet", zitierte die Info den Vize-Chef der IG Metall, Jürgen Kerner, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef ist.
Thyssenkrupp wollte sich am Freitag zu der IG-Metall-Kritik nicht äußern und verwies auf Aussagen nach der Sitzung des Kontrollgremiums. Lopez hatte unter anderem betont, dass Themen wie die grüne Transformation und die Dekarbonisierung in dem erweiterten Vorstand mit noch mehr Kraft vorangetrieben werden könnten.
Lopez hatte bereits wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme Anfang Juni bei Arbeitnehmervertretern für Unmut gesorgt, als er betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschloss. In den vergangenen Monaten hatten IG Metall-Vertreter ihn aufgefordert, bei den Gesprächen über die Zukunft der Stahlsparte die Mitbestimmung stärker ins Boot zu holen. Lopez verhandelt seit Monaten mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky und des Holding EPH über ein gemeinsames Stahl-Joint-Venture.
(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)