London/Zürich (Reuters) - Nach der Übernahme der Credit Suisse tut sich die UBS schwer, Bedenken über die Größe des neugeschaffenen Schweizer Bankriesen auszuräumen.
Mindestens zwei bedeutende Anlagehäuser machen sich Sorgen. Ein Vertreter einer der zehn größten Aktionäre, der anonym bleiben wollte, fürchtet dauerhafte Konflikte mit den Regulierungsbehörden und der Politik wegen der Größe. Das könne eine reibungslose Führung des Instituts erschweren. Der Pensionskassenvertreter Ethos, der Kunden mit insgesamt drei bis fünf Prozent der UBS-Aktien berät, hat Bedenken, dass die UBS nun ihren Einfluss auf die Bankengesetzgebung ausbauen könnte.
Für die Schweiz steht viel auf dem Spiel. Die UBS schluckte die Credit Suisse im vergangenen Jahr im Rahmen einer staatlich organisierten Rettungsaktion und kommt nun auf eine Bilanzsumme, die fast doppelt so groß ist wie die jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung. Die Notübernahme hat auch eine Debatte darüber ausgelöst, ob die im Nachgang zur Finanzkrise von 2008 geschaffene Bankengesetzgebung zur Verhinderung von zukünftigen Krisen zweckmäßig ist. Im Frühling will sich die Schweizer Regierung dazu äußern und Verbesserungsvorschläge machen.
"Wir sind immer noch sehr besorgt über die Größe von UBS, insbesondere im Vergleich zum Schweizer Markt", sagt Ethos-Chef Vincent Kaufmann. Er macht mögliche Wettbewerbsverzerrungen in mehreren Geschäftsbereichen und eine Risikokonzentration in bestimmten Aktivitäten aus. Die Schweiz habe jetzt ein "Too huge to fail"-Problem, das eine strenge Gesetzgebung und viel mehr Ressourcen für die Aufsichtsbehörde notwendig mache.
"AUS GESCHÄFTLICHER SICHT RICHTIGE GRÖßE"
Die UBS entgegnete in einer Stellungnahme, der Fokus auf die Bilanzsumme sei irreführend. Rund 20 Prozent der Vermögenswerte seien hochliquid, weitere 15 Prozent entfielen auf Hypotheken von Privatkunden, die nur sehr geringe Risiken bergen würden. Darüber hinaus solle die Bilanz in den nächsten drei Jahren eingedampft werden. Zahlreiche Elemente zur Vorbereitung einer möglichen Abwicklung würden weiter verbessert.
Für diese Maßnahmen bekommt die UBS von anderen Anleger auch Applaus: "Die UBS macht genau das Richtige: Sie fährt die Bilanz massiv zurück", sagt Andreas Thomae von der Fondsgesellschaft Deka Investment. Mit der Schrumpfung komme die UBS auch der Schweizer Politik entgegen. Denn gemessen an der kleinen Schweiz sei die UBS riesig. "Aus geschäftlicher Sicht hat die neue Bank aber die richtige Größe." So denkt offenbar auch der Markt: Seit der Ankündigung des Deals im März haben die Titel über 50 Prozent zugelegt und den europäischen Bankenindex damit überflügelt.
Der Vertreter des Top-10-Aktionärs beschreibt die Herausforderung so: Die UBS müsse ein Geschäft betreiben, das sich für die Anleger lohne, aber auch für die Aufsichtsbehörden unter Risikogesichtspunkten akzeptabel sei. Die Schweizer Finanzaufsicht Finma und die Notenbank SNB müssten mit dem Geschäftsmodell der UBS einverstanden sein, sonst könnte es zu einem Dauerkonflikt rund um die Risikoneigung des Instituts kommen. Die Beilegung der Debatte um die Regulierung in ihrem Heimatland sei eine Voraussetzung, wenn die UBS eine Schweizer Bank bleiben wolle.
BEHÖRDEN WOLLEN GRÜNDLICHE ANALYSE
In der Zwischenzeit sollte die UBS die Risiken in ihrer Bilanz weiter verringern, so der Aktionär. Er drückte sein Vertrauen in das aktuelle Management der UBS aus und sagte, die Bank müsse eine solide Nachfolgeregelung vorbereiten. Konzernchef Sergio Ermotti hat angekündigt, mindestens bis 2026 an der Spitze der UBS bleiben zu wollen.
Die Finma lehnte eine Stellungnahme ab. Die Schweizerische Nationalbank erklärte, die Behörden müssten eine gründliche Analyse durchführen und Lehren aus der Krise der Credit Suisse ziehen, auch angesichts der höheren Systemrelevanz der kombinierten Bank und der damit verbundenen Risiken für die Schweiz.
Ethos-Chef Kaufmann forderte etwa schärfere Kapitalvorgaben. "Die UBS wird sich sicherlich dagegen wehren, und dank ihres größeren Gewichts dürfte sie mehr Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess haben." Die Aufsichtsbehörden seien immer noch unvorbereitet, falls die UBS öffentliche Unterstützung benötigen sollte, sagte ein hochrangiger ausländischer Behördenvertreter, der an der von den Schweizer Behörden für die Credit Suisse im Jahr 2022 eingerichteten Notfallgruppe beteiligt war. Und der Verwaltungsratspräsident des Versicherers Swiss Life, Rolf Dörig, sagte kürzlich in einem Interview der "Neuen Zürcher Zeitung": "Die neue UBS ist bedeutend für die Schweiz, aber auch zu groß für das Land. Müsste die UBS gerettet werden, wäre das verheerend."
(Bericht von Stefania Spezzati und Oliver Hirt; Mitarbeit John Revill und Tom Sims, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)