Paris/München (Reuters) - Airbus-Chef Thomas Enders bereitet die Belegschaft des Flugzeug- und Rüstungskonzerns auf empfindliche Strafen wegen Korruption vor.
Die laufenden und voraussichtlich langwierigen Ermittlungen in Großbritannien und Frankreich könnten zu "beträchtlichen Bußen" führen, heißt es in einem Brief von Enders an die 130.000 Mitarbeiter, der Reuters am Freitag vorlag. Airbus stünden "turbulente und verwirrende Zeiten" bevor. Der Konzern hatte 2016 selbst Unregelmäßigkeiten bei den britischen Behörden angezeigt. Enders sagte, Chefjustiziar John Harrison und er hätten den Rückhalt des Verwaltungsrats, "die Angelegenheit zu einem Ende zu bringen".
Dabei geht es um die Einschaltung von Mittelsmännern bei der Gewinnung von Aufträgen für Verkehrsflugzeuge. Die britische Sonder-Ermittlungsbehörde SFO geht dem Sachverhalt aufgrund der Anzeige von Airbus seit 2016 nach, die französische Polizei schloss sich in diesem Jahr an. Airbus hat gleichzeitig interne Untersuchungen angestellt, in der Hoffnung, die Affäre mit einem Vergleich mit den britischen Behörden abzuschließen, wie es der Rivale Rolls-Royce getan hat. Die intensiven Befragungen von Mitarbeitern - auch durch externe US-Anwälte - haben im Konzern für Unmut gesorgt. Enders rief die Belegschaft in dem Brief auf, die Airbus-Führung zu unterstützen. Dann werde Airbus gestärkt aus der Affäre hervorgehen.
SCHWARZE KASSEN
Unterdessen gehen Staatsanwälte in München und Wien Vorwürfen gegen Airbus im Zusammenhang mit der Beschaffung von Eurofighter-Flugzeugen durch Österreich im Jahr 2003 nach. Die Münchner stehen dabei nach eigenen Angaben kurz vor dem Abschluss ihrer Ermittlungen. Es geht um ein System von schwarzen Kassen rund um die britische Firma Vector Aerospace. Es gehe primär um den Vorwurf der Untreue, das Verfahren richte sich gegen 16 Beschuldigte, sagte eine Sprecherin der Behörde. Airbus-Chef Enders sei nicht darunter. Schmiergeldzahlungen von Vector an Dritte ließen sich aber bisher kaum nachweisen. Einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", wonach eine Anklage kurz bevorstehe, bestätigte die Staatsanwaltschaft in München nicht.
Airbus hatte Österreich zugesagt, in der Alpenrepublik vier Milliarden Euro zu investieren, wenn der Konzern den Auftrag für die Kampfflugzeuge bekomme. Vector war formal eingerichtet worden, um diese Gegengeschäfte abzuwickeln. Die Staatsanwälte vermuten aber, dass die Gesellschaft nur zur Verschleierung der schwarzen Kassen diente. Insgesamt geht es um 114 Millionen Euro. Ein Airbus-Sprecher bekräftigte, weder die jahrelangen Ermittlungen der Strafverfolger in Deutschland und Österreich noch umfangreiche Untersuchungen von Airbus selbst hätten Anhaltspunkte für Bestechung beim Verkauf der Eurofighter nach Österreich ergeben.
Der "Spiegel" berichtete, ein Geflecht aus Briefkastenfirmen rund um Vector sollte dazu dienen, Schmiergeldzahlungen an Entscheidungsträger in Österreich zu leisten, die am Kauf der Eurofighter-Maschinen beteiligt waren. Laut dem Magazin könnten über Vector aber auch Schmiergelder für Verkehrsflugzeuge in verschiedene Länder geflossen sein.
In Österreich ist Airbus-Chef Enders selbst im Zusammenhang mit dem Kampfjet-Auftrag ins Visier der Wiener Staatsanwälte geraten. Die österreichische Justiz ermittelt wegen schweren Betrugs gegen ihn. Enders war damals Chef der Rüstungs-Sparte, hat aber alle Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen.