- von Andreas Rinke
Bonn/Köln (Reuters) - Wegen eines erheblichen Defekts am Regierungsflugzeug kann Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht am Auftakt des G20-Gipfels in Argentinien teilnehmen.
Die Kanzlerin hatte am Donnerstagabend ihren Flug abbrechen und in Köln landen müssen und war am Freitagmorgen dann zusammen mit Vizekanzler Olaf Scholz mit einem anderen Regierungsflugzeug nach Madrid aufgebrochen, von wo sie mit einem Linienflug nach Buenos Aires fliegen sollte. Der Schaden an dem A340 "Konrad Adenauer" war dabei schwerwiegender als zunächst gedacht. "Es war eine ernsthafte Störung", sagte Merkel in der Nacht zum Freitag in Bonn. Medien berichteten von einem Komplettausfall des Funksystems an Bord.
Die "Rheinische Post" berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass der Fall auch "kriminalistisch" aufgearbeitet werde. Merkel habe mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) über den Abbruch der Flugreise gesprochen. In Regierungskreisen hieß es, nach einem solchen Vorfall werde in "alle Richtungen" ermittelt. Glücklicherweise habe man eine sehr exzellente Crew gehabt, hatte Merkel in der Nacht in Bonn zu mitreisenden Journalisten gesagt. "Da war der erfahrenste Pilot der Flugbereitschaft an Bord."
Merkel war auf dem Flug zum Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Buenos Aires gewesen, Finanzminister Scholz war ebenfalls mit an Bord. Rund eine Stunde nach dem Abflug in Berlin am Donnerstagabend war die Kanzlerin mitten im Briefing mit den mitreisenden Journalisten über technische Probleme bei dem Airbus A340 informiert worden. Nach Berichten des "Spiegel" und der "Welt" hatte der Pilot nach dem Start bemerkt, dass das Kommunikationssystem ausgefallen war. Eine Kommunikation mit Bodenstationen sei nur noch per Satellitentelefon möglich gewesen. Der Ausfall des kompletten Funksystem gelte in der Luftfahrt als gefährlicher Notfall, schrieb der "Spiegel". Der Pilot entschied sich aus Sicherheitsgründen, den Flug abzubrechen und landete die Maschine sicher auf dem Flughafen Köln-Bonn.
Weil das Flugzeug für einen fünfzehnstündigen Flug nach Argentinien vollgetankt war, musste der Pilot vor der Landung zu mindestens einen Teil des Kerosins ablassen. Weil dies aber nur teilweise möglich war, waren auf dem Flughafen Köln-Bonn vorsichtshalber Feuerwehrwagen aufgefahren. Der "Spiegel" berichtet zudem von einer verkürzten Start- und Landebahn wegen Sanierungsarbeiten.
Mehrere Medien berichteten, dass die Lage als so heikel galt, dass auch von der Leyen am Donnerstagabend informiert worden sei. Die Verteidigungsministerin sei auch an dem - letztlich erfolglosen - Versuch beteiligt gewesen, ein Ersatzflugzeug für Merkel zu organisieren.
In den vergangenen Monaten hatte es mehrere Zwischenfälle mit der Flotte der Regierungsflieger gegeben. Betroffen waren etwa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, aber auch Finanzminister Scholz. Dieser war bei einer IWF-Tagung in Indonesien gestrandet, weil ebenfalls die "Konrad Adenauer" ausfiel. Angesprochen auf die Kette von Zwischenfällen hatte Merkel in der Nacht nur gesagt: "Ein einzelner Vorfall sollte uns nicht dazu bringen, das System zu verändern."
Der Zwischenfall brachte Merkels G20-Zeitplan durcheinander. Sie dürfte frühestens am Abendprogramm des ersten Gipfeltages in Buenos Aires teilnehmen können. In Regierungskreisen war am Donnerstag darauf verwiesen worden, dass die Kanzlerin am Rande des zweitägigen Gipfels auch Gespräche mit den Präsidenten der USA, Chinas, Russlands und Indiens führen wollte. Ganz oben auf der Agenda stehen Handelsstreitigkeiten etwa zwischen den USA und der EU sowie zwischen den USA und China. Außerdem hatte das Vorgehen des russischen Militärs gegen ukrainische Schiffe die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts in der Ostukraine erhöht. US-Präsident Donald Trump hatte deshalb ein geplantes Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin in Buenos Aires abgesagt.