Reuters

Defekte Verteilerbox sorgt für Verspätung Merkels bei G20-Gipfel

30.11.2018
um 12:41 Uhr

- von Sabine Siebold und Andreas Rinke

Berlin/Bonn (Reuters) - Der Ausfall einer elektronischen Verteilerbox ist nach Angaben der Luftwaffe verantwortlich für die Panne des Regierungs-Airbus mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Weg zum G20-Gipfel nach Buenos Aires.

"Das Bauteil ist gewechselt, die Maschine ist funktionstüchtig", sagte der Kommandeur der Flugbereitschaft, Oberst Guido Henrich, am Freitag in Köln-Wahn. An der Box hingen mehrere Systeme, darunter der Funk und die Anlage, über die Sprit abgelassen werden könne. Wegen des Funkausfalls musste Merkel ihren Flug zum G20-Gipfel in Argentinien unterbrechen und verpasst dadurch den Auftakt des Treffens. Der A340 wurde am Donnerstagabend nach Köln umgeleitet, von wo aus Merkel am Freitagmorgen zusammen mit Vizekanzler Olaf Scholz über Madrid nach Buenos Aires startete. Merkels Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin soll trotz der Panne wie geplant am Samstag stattfinden.

Nach dem Ausfall der Funkanlage sei die Kommunikation mit dem Boden nur noch über Satellitentelefone an Bord möglich gewesen, sagte Henrich. "Diese Verteilerbox sitzt sehr tief im System und ist für die Notversorgung des Stroms an Bord verantwortlich", fügte er hinzu. "Normalerweise ist das System redundant ausgelegt, schaltet selbständig um. Das ist nicht mehr passiert. Dadurch sind sehr viele Anzeigen ausgefallen, unter anderem eben auch die Möglichkeit, Treibstoff abzulassen." Der Pilot habe daher den nächsten größeren Flughafen in Köln angesteuert. Weil der A340 für einen 15-stündigen Flug vollgetankt und entsprechend schwer gewesen sei, sei die Feuerwehr bei der Landung vor Ort gewesen. Eine heiße Bremse habe gekühlt werden müssen, ehe die Passagiere aussteigen konnten.

Auf die Frage nach dem Gefahrenpotential antwortete Henrich: "Keins". Die Situation sei immer unter Kontrolle gewesen. Der Pilot sei der Kanzlerin von früheren Flügen bekannt gewesen und habe sehr besonnen gehandelt. Verdachtsmomente für einen kriminellen Hintergrund gibt es nach Angaben der Luftwaffe und des Bundesverteidigungsministeriums nicht. Die Flugbereitschaft hat zwei Langstreckenflugzeuge, die ohne Zwischenstopp von Berlin nach Argentinien fliegen können: Der betroffene A340 namens "Konrad Adenauer", der nach Angaben der Luftwaffe 1999 gebaut und 2011 von der Lufthansa übernommen wurde. Der zweite A340 der Flugbereitschaft, die "Theodor Heuss", stammt aus dem Jahr 2000 und ist ebenfalls seit 2011 bei der Luftwaffe.

Vor dem Abflug der Kanzlerin habe die "Theodor Heuss" als Reserve in Berlin in Bereitschaft gestanden, sagte ein Sprecher der Luftwaffe. Nach Merkels Start sei die Maschine nach Köln zurückgeflogen. Ein Weiterflug des zweiten Airbus nach Buenos Aires sei wegen der vorgeschriebenen Ruhezeiten der Crew nicht möglich gewesen.

SERIE VON PANNEN MIT A340 DER FLUGBEREITSCHAFT

"Es war eine ernsthafte Störung", sagte Merkel in der Nacht zum Freitag in Bonn. Rund eine Stunde nach dem Abflug in Berlin war die Kanzlerin im Hintergrundgespräch mit den mitreisenden Journalisten über technische Probleme bei dem Airbus A340 informiert worden. Glücklicherweise habe man eine sehr exzellente Crew gehabt, sagte Merkel in der Nacht mitreisenden Journalisten. "Da war der erfahrenste Pilot der Flugbereitschaft an Bord." Wegen des Vorfalls schaltete sich am Donnerstagabend auch Verteidigungsminister Ursula von der Leyen ein, mit der die Kanzlerin Kontakt hatte.

In den vergangenen Monaten gab es mehrere Zwischenfälle mit der Regierungsflotte. Finanzminister Scholz wurde nun schon zum zweiten Mal innerhalb von sechs Wochen Opfer: Nach der IWF-Jahrestagung Mitte Oktober im indonesischen Bali musste er seine Rückflugpläne kurzfristig über den Haufen werfen, weil ein Nager die Elektronik der "Konrad Adenauer" angeknabbert und damit lahmgelegt hatte. Scholz ließ seine Abschlusspressekonferenz sausen und mit seinen engsten Mitarbeitern Plätze auf einem Linienflug zurück nach Berlin buchen. Die Journalisten in der Delegation und einige wenige verbleibende Mitarbeiter seines Hauses mussten sich selbst um ihre Rückflüge kümmern. In Zeitungen erhielt der Vorfall den Titel "Nager-Gate".

Auf die Pannen angesprochen sagte Merkel in der Nacht nur: "Ein einzelner Vorfall sollte uns nicht dazu bringen, das System zu verändern." Die Ausfallrate der Maschinen liegt nach Angaben des Verteidigungsministeriums bei unter zwei Prozent. Der Fehler an der Verteilerbox sei erstmals bei einem A340 der Flugbereitschaft aufgetreten, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff. Die Luftwaffe tausche sich dazu auch mit zivilen Fluggesellschaften aus. Dies werde möglicherweise weitere Erkenntnisse ergeben. Grundsätzlich falle auch in der zivilen Luftfahrt öfters der Funk aus, dies werde aber selten öffentlich zum Thema. Henrich erklärte, der zweite A340 solle noch am Freitag starten, um die Kanzlerin wieder aus Argentinien abzuholen.

Airbus SE

WKN 938914 ISIN NL0000235190