München (Reuters) - Neue Bilanzierungsregeln für die Versicherungsbranche spielen bei den erwarteten Gewinnsteigerungen der Münchener Rück nur eine untergeordnete Rolle.
Der Großteil der Zuwächse werde durch operative Verbesserungen ereicht werden und nicht durch Änderungen bei den Bilanzierungsvorschriften IFRS 9 und 17, sagte Finanzvorstand Christoph Jurecka am Donnerstagabend in München. Der weltgrößte Rückversicherer hat für das nächste Jahr ein Gewinnziel von rund vier Milliarden Euro ausgegeben, das wären 700 Millionen mehr als im laufenden Jahr erwartet wird.
"Das läuft und brummt ganz gut", ergänzte Vorstandschef Joachim Wenning vor Journalisten. Die Rückversicherer könnten in den laufenden Verhandlungen über neue Verträge zum Jahreswechsel weiterhin höhere Preise durchsetzen. Bis 2025 nimmt sich die Münchener Rück nun eine Eigenkapitalrendite von 14 bis 16 (bisher 12 bis 14) Prozent vor.
Die neuen Bilanzierungsregeln für die Versicherer werden zum 1. Januar 2023 wirksam. Fünf Jahre lang habe die Münchener Rück mit 700 Mitarbeitern an deren Umsetzung gearbeitet. Mehr als 50 Millionen Versicherungsverträge und 240 Milliarden Euro Anlagen mussten neu bewertet werden. Die neuen Regeln beseitigten die Schwachstellen der bisherigen IFRS-Vorschriften, sagte Jurecka.
So schüfen sie mehr Klarheit, wenn es um Grenzfälle gehe, was als Versicherungsvertrag und was als reine Kapitalanlage zu bewerten sei. Deutlich mehr Kapitalanlagen als bisher würden zum Zeitwert bilanziert und schlügen sich mit ihren Wertänderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung nieder, etwa Immobilien, Aktien und Private-Equity-Beteiligungen - insgesamt 17 Prozent des Portfolios statt nur ein Prozent. Das werde aber auch zu größeren Schwankungen in den Ergebnissen führen, sagte Jurecka. Der Bestand an Kapitalanlagen wächst bei der Münchener Rück um zehn Milliarden auf 240 Milliarden Euro, weil stille Reserven aufgedeckt werden. Anders als bisher müssen zukünftige Auszahlungen abgezinst werden - was die Gewinne erhöht.
An der Strategie und ihrer Vorsicht bei der Reservierung für Schadenfälle werde die Münchener Rück aber nichts ändern, betonte Jurecka. Im operativen Geschäft weisen die Versicherer und Rückversicherer künftig statt der Bruttobeiträge einen Versicherungsumsatz aus, der bei der Münchener Rück mit rund 58 Milliarden Euro deutlich geringer ausfällt als die Beiträge von rund 70 Milliarden. Herausgerechnet werden etwa Provisionen der Erstversicherer, an denen sich der Rückversicherer beteiligt und die deshalb sicher wieder an die Kunden zurückfließen.
Der Abzug dieser durchlaufenden Posten bei Einnahmen und Kosten drückt die Schaden-Kosten-Quote in der Schaden/Unfall-Rückversicherung. 2023 soll sie sich bei 86 Prozent einpendeln. Zum Vergleich: Für 2022 hat sich die Münchener Rück 94 Prozent vorgenommen. "Natürlich sind wir nächstes Jahr nicht um zehn Prozent profitabler", sagte Jurecka.
In diesem Jahr sieht er die Münchener Rück - noch nach der alten Bilanzierungsmethode - auf Kurs zu ihrem Gewinnziel von 3,3 Milliarden Euro: "Ich bin unverändert zuversichtlich." Der Rückversicherer hatte trotz Milliardenschäden durch den Hurrikan "Ian" im dritten Quartal an dem Ziel festgehalten - aber unter der Voraussetzung, dass sich vor dem Jahresende noch wie geplant Sondererträge realisieren ließen. Nach neun Monaten stand ein Gewinn von 1,9 Milliarden Euro zu Buche.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)