Frankfurt/London (Reuters) - Die Schadenbilanz der Überschwemmungen in Nordengland zum Jahreswechsel wird nach Expertenschätzungen immer größer.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC veranschlagt die finanziellen Folgen der Stürme Desmond, Eva und Frank nun auf 2,0 bis 2,8 Milliarden Pfund (1,5 bis 2,1 Milliarden Euro), wie sie am Montag mitteilte. Rund die Hälfte davon seien versichert. PwC hat seine Schätzungen damit zum dritten Mal in einer Woche nach oben geschraubt. "Es kann gut sein, dass wir angesichts der anhaltenden Regenfälle am Ende einen größeren Schaden haben als bei den Stürmen im Jahr 2007", sagte PwC-Versicherungsexperte Mohammad Khan. Diese hatten die Versicherer gut drei Milliarden Pfund (2,2 Milliarden Euro) gekostet - der bisher größte Schaden durch Naturkatastrophen in Großbritannien überhaupt.
Die Stürme Eva und Frank waren vor Silvester über den Norden Englands hinweggezogen, die heftigen Regenfälle hatten vor allem in der Grafschaft Yorkshire Flüsse über die Ufer treten lassen. Bereits Anfang Dezember waren die Region und auch Schottland von Sturm Desmond heimgesucht worden. Die Münchener Rück hält eine Rekord-Schadenbilanz für möglich. Allein Desmond habe bis zu 1,4 Milliarden Euro Schaden verursacht. Die Hälfte davon müssten die Versicherer tragen. Die Folgen von Eva und Frank könnten ebenfalls oberhalb einer Milliarde Euro liegen. Vor allem die Folgen von Frank seien noch nicht absehbar.
Einen Grund für die Häufung von Unwetter auf den britischen Inseln sehen die Experten der Münchener Rück im Klimawandel. Während in Mitteleuropa wochenlang mildes und ruhiges Wetter herrschte, hielten sich in Großbritannien und Irland hartnäckig Sturm und starker Regen. Das wiederum liege an einer veränderten Lage und Zugbahn des Höhenwindes (Jetstream) über dem Atlantik. "Jüngste Studien sehen hier einen Zusammenhang mit der Erwärmung der arktischen Regionen und damit einen möglichen Einfluss des Klimawandels", heißt es in der am Montag veröffentlichten Naturkatastrophen-Bilanz der Münchener Rück.
Die Wirtschaftsprüfer von KPMG veranschlagen den wirtschaftlichen Schaden der Unwetter in England einschließlich der nötigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz sogar auf mehr als fünf Milliarden Pfund. Vor allem kleinere und familiengeführte Unternehmen seien unzureichend gegen die Folgen der Fluten versichert, erklärte PwC. Die Gegend war bereits 2007 von einer Flutkatastrophe betroffen, die die Versicherer drei Milliarden Pfund gekostet hatte. Viele Mittelständler hätten sich aber die Versicherung wegen der Rezession gespart. Die Münchener Rück kritisierte, der Hochwasserschutz sei in Großbritannien zwar verstärkt worden, aber nicht genug. Ab April werden Flutschäden in besonders gefährdeten Gebieten in Großbritannien von Flood Re gedeckt, einem mit finanzieller Unterstützung des Staates gegründeten Spezialversicherer. Kleine Unternehmen sind davon aber ausgeschlossen.