München (Reuters) - Der Verkauf von gut 700.000 deutschen Lebensversicherungs-Policen von Zurich an den Abwickler Viridium ist geplatzt.
Die Übernahme könne "im Hinblick auf unsere derzeitige Eigentümerstruktur nicht wie geplant durchgeführt werden", räumte Viridium am Dienstag ein. Der Bestandsverwalter bestätigte damit Informationen der Nachrichtenagentur Reuters von Insidern, wonach die Finanzaufsicht BaFin die Transaktion wegen Bedenken gegen den Finanzinvestor Cinven blockiert habe, dem Mehrheitseigentümer von Viridium. Die Schweizer wollen nun offenbar einen neuen Anlauf zum Verkauf der traditionellen Policen von Zurich Deutscher Herold nehmen: "Zurich strebt weiterhin an, eine Lösung für dieses Portfolio zu finden, und wird zu gegebener Zeit Optionen prüfen", hieß es in einer Mitteilung des Versicherungskonzerns aus Zürich.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte Viridium Insidern zufolge klargemacht, dass sie die rund eine halbe Milliarde Euro schwere Transaktion untersagen würde. Die Aufseher halten Cinven für nicht mehr verlässlich, nachdem der Finanzinvestor beim italienischen Lebensversicherer Eurovita eine wenig konstruktive Rolle gespielt hatte. Viridium zog den Antrag daraufhin zurück. Die BaFin muss prüfen, ob bei einem solchen Verkauf die Interessen der Versicherten gewahrt sind. Die Behörde wollte sich zu dem Fall am Dienstag nicht äußern.
DER DRUCK AUF CINVEN STEIGT
Damit steigt der Druck auf Cinven, bei Viridium schnell auszusteigen. Sonst sind dem Bestandsverwalter die Hände auch bei weiteren Übernahmen gebunden. Dessen Geschäftsmodell besteht darin, Lebensversicherungsbestände aufzukaufen, zu bündeln und möglichst effizient zu verwalten. Vier Portfolios mit rund 60 Milliarden Euro Kapitalanlagen hält Viridium bereits, mit Zurich wären noch einmal 20 Milliarden hinzugekommen. Das Geschäft ist lukrativ: Der Nettogewinn von Viridium liegt bei 300 Millionen Euro. "Mit einer anderen Eigentümerstruktur wäre die Übernahme genehmigt worden", sagte ein Insider.
Cinven hatte Viridium vor zehn Jahren zusammen mit der Hannover Rück ins Leben gerufen. Inzwischen hält der Finanzinvestor noch 70 Prozent der Anteile, 20 Prozent liegen bei Hannover Rück, zehn Prozent beim italienischen Versicherer Generali, der einen großen Lebensversicherungsbestand an Viridium verkauft hatte. Cinven hat laut Insidern bereits im Herbst zwei Investmentbanken damit beauftragt, die Fühler nach möglichen Käufern auszustrecken. Nach einem Eigentümerwechsel könnte auch die Übernahme des Zurich-Bestandes wieder auf die Tagesordnung kommen, wenn die Schweizer so lange Geduld haben.
Der Versicherer erklärte, das Scheitern des Verkaufs habe "keine Auswirkungen auf Ziele oder Kapitalmanagementpläne". Analyst William Hawkins von KBW schrieb, die Folgen für die Solvenz von Zurich seien angesichts höherer Anleiherenditen gering. Dem Versicherer sei es weniger um die Freisetzung von Kapital als darum gegangen, die Schwankungen im Portfolio zu begrenzen.
Cinven hat es sich wegen Eurovita mit den Aufsehern in ganz Europa verscherzt: Der Lebensversicherer war wegen steigender Zinsen in Schieflage geraten. Cinven war aber nicht bereit, so viel Geld nachzuschießen wie gefordert. Letztlich kreierte die italienische Aufsichtsbehörde eine Auffanglösung mit der Allianz, vier italienischen Versicherern und 25 Banken.
In Deutschland ist noch ein Verkauf eines Altbestandes von klassischen Lebensversicherungen in der Schwebe. Kurz nach Zurich hatte die französische Axa 2022 angekündigt, das Portfolio für 660 Millionen Euro an die Wiesbadener Athora Leben zu verkaufen. An Athora ist mit Apollo ebenfalls ein Finanzinvestor beteiligt. Die BaFin prüft die Übernahme seit gut eineinhalb Jahren.
(Bericht von Alexander Hübner; Mitarbeit: Paul Arnold in Zürich; Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)