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AHK - Scholz-Besuch starkes Zeichen der Normalisierung mit China

08.04.2024
um 08:17 Uhr

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Die Wirtschaft begrüßt die anstehende Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach China.

"Dass der Kanzler so lange nach China kommt und in drei Städte reist, ist ein starkes Zeichen für die Normalisierung der Beziehungen", sagte Maximilian Butek, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Nach dem Corona-bedingten Eintagestrip von Scholz Ende 2022 zeige das Programm nun die Bandbreite der Beziehungen in Politik, Wirtschaft und Kultur. Geplant sind nach Angaben aus Delegationskreisen Gespräche in Chongqing, Shanghai und Peking.

Auch der Zeitpunkt der mehrtägigen Reise, zu der Scholz kommendes Wochenende mit einer Wirtschaftsdelegation und mehreren Ministern aufbricht, sei sehr wichtig, sagte Butek. Die chinesische Wirtschaft werde gerade neu aufgestellt und etwa das Thema Überkapazitäten betreffe die gesamte Weltwirtschaft. "Scholz darf nicht nur den deutschen Hut aufhaben, sondern muss auch den europäischen Hut aufsetzen", forderte der in Shanghai ansässige AHK-Geschäftsführer. Denn die Europäer müssten dringend klären, wie sie sich als Pol zwischen den USA und China aufstellen und nicht zwischen deren Konflikten zerrieben werden.

Butek verwies darauf, dass die Handelskonflikte zunehmend die Substanz der EU-Wirtschaft wie Automobil, Erneuerbare Energien und Maschinenbau beträfen. Aber die EU spräche bisher nicht mit einer Stimme, wie die China-Reise von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in 2023 gezeigt habe.

Tatsächlich sei es sehr schwierig, abzuwägen, ob man gegen China eine harte oder ausgleichende Haltung in Handelskonflikten einnehmen sollte, sagte Butek und verwies auf widersprüchliche EU-Interessen etwa beim Thema Solar. "Einerseits wollen wir die Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren und die Erneuerbaren Energie ausbauen. Also profitieren wir ? wie auch die Verbraucher ? von den billigen Überkapazitäten im Solarbereich aus China, zumindest kurzfristig", sagte er. Zugleich machten die Billigimporte die europäische Solarindustrie kaputt. Die deutschen Autokonzerne wiederum seien gegen EU-Verfahren bei E-Autos, weil sie sich in China trotzdem gute Geschäfte erhofften.

AHK VERTEIDIGT INVESTITIONEN IN CHINA

Der AHK-Geschäftsführer wies zudem Kritik aus der Politik an deutschen Investitionen in China klar zurück. Es gebe keine Volkswirtschaft, die so diversifiziert sei wie die deutsche. "Deshalb brauchte es eigentlich keine Ermahnung durch die China-Strategie: Es ist ohnehin die Aufgabe jedes Kaufmanns und jeder Kauffrau, das Thema Diversifizierung ernst zu nehmen ? übrigens unabhängig von politischen Risiken." Hintergrund sind Mahnungen der Ampel, dass Firmen wegen der geopolitischen Spannungen Abhängigkeiten vom kommunistischen China abbauen müssten. Das Wirtschaftsministerium hat seine Förderung für das China-Geschäft gekürzt. Investitionen in anderen Teilen der Welt bedeuteten aber nicht, dass man in den sehr großen Markt China weniger investieren sollte, betonte Butek. Firmen wollten auch dort ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten, Produktion effizienter machen und Lieferungen beschleunigen.

"BUNDESREGIERUNG BESCHLEUNIGT INVESTITIONEN IN CHINA"

Er warf der Bundesregierung indirekt vor, Investitionen in China sogar zu beschleunigen: "Was oft vergessen wird: Es gibt auch massive Probleme mit der Belieferung Chinas aus Deutschland oder Europa heraus. Wachsende Bürokratie etwa bei Ausfuhrgenehmigungen können Lieferungen um Monate verzögern." Kunden in den USA oder China forderten mit Blick auf die Lieferketten verstärkt eine lokale Produktion. "Anders ausgedrückt: Die erhöhte Bürokratie in Deutschland führt zu mehr Investitionen in China", sagte er zu den von der Ampelregierung beschlossenen schärferen Exportprüfungen für China.

Die chinesische Wirtschaft sei dabei, sich entscheidend zu wandeln. Das Land werde nicht mehr als Hub für die Belieferung der Welt angesehen, weil Kunden überall durch lokale Produktion ihre Liefer-Risiken reduzieren wollten, sagte Butek. "Die Margen auf dem chinesischen Markt haben sich verringert und werden mittelfristig weiter sinken." Zudem treibe die Regierung in Peking eine Umstrukturierung hin zu Investitionen in Branchen voran, die nachhaltiges Wachstum und qualitativ hochwertiges Wachstum versprechen. Das bedeute neue Konkurrenz in diesen Kernbereichen für die deutsche Wirtschaft. "Umso wichtiger ist es, dass die chinesische Regierung dann für Wettbewerbsgleichheit sorgt. Die gibt es derzeit nicht", mahnte Butek. "Genau deshalb ist der Besuch von Scholz so wichtig."

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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