- von Holger Hansen
Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung will in diesem Jahr Firmenbeteiligungen im Volumen von bis zu vier Milliarden Euro versilbern, um das Eigenkapital der Deutschen Bahn zu stärken.
"Einnahmen aus Veräußerungen von Beteiligungen des Bundes (...) werden bis zur Höhe von vier Milliarden Euro erwartet", heißt es in einem Reuters vorliegenden Papier des Finanzministeriums für die Bereinigungssitzung des Haushaltausschusses am 18. Januar. In dem am Mittwoch von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) an den Haushaltsausschuss übersandten 269-Seiten-Dokument sind die jüngst vereinbarten Vorhaben der Regierung für Einsparungen, Mehreinnahmen und Umschichtungen im Etat 2024 festgehalten.
Welche Firmenanteile der Bund in welcher Höhe verkaufen will, wird in dem Papier nicht genannt. In der Ampel-Koalition wird davon ausgegangen, dass vor allem Anteile an der DHL Group - also der Deutschen Post - und der Deutschen Telekom genutzt werden könnten. Der Bund ist bei mehr als 100 Unternehmen engagiert.
ANTEILSVERKAUF SOLL IM ERSTEN HALBJAHR 2024 ANLAUFEN
Der Verkauf von Beteiligungen soll aber offenbar in der ersten Jahreshälfte anlaufen. Dies ergibt sich aus dem Hinweis, dass Ausgaben in Höhe von vier Milliarden Euro zunächst gesperrt seien, bis eine Vereinbarung zwischen Bund und Bahn über die Verwendung der Mittel getroffen worden sei: "Darüber hinaus erfolgt die Aufhebung der Sperre in Abhängigkeit von Einnahmen aus Veräußerungen von Beteiligungen des Bundes, aber spätestens zum 15. Juli 2024, unter der Voraussetzung, dass mindestens zwei Milliarden Euro an Beteiligungserlösen erzielt wurden."
Bei der Bereinigungssitzung legen die Haushälter kommende Woche letzte Hand an den Bundeshaushalt für 2024, der am 2. Februar vom Bundestag verabschiedet werden soll. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds (KTF) gestrichen hatte, war die Regierung gezwungen, den Etat neu zu stricken und durch Einsparungen und Mehreinnahmen zu ergänzen. Dazu gehören auch Kürzungen bei der Diesel-Beihilfe für Bauern, gegen die bundesweit Proteste der Landwirte laufen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll für das Bürgergeld 700 Millionen Euro weniger ausgeben als geplant. Für die monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt sind 2024 nun 26,5 Milliarden Euro statt 27,2 Milliarden Euro einkalkuliert.
Zur Höhe der Neuverschuldung findet sich in der Vorlage nichts. Die Schuldenbremse will die Regierung nach bisherigen Ankündigungen einhalten. Offen ist aber noch, ob für die weitere Finanzierung der Ahrtal-Fluthilfe die Schuldenbremse im Volumen von knapp 2,7 Milliarden Euro ausgesetzt werden soll.
BUND SCHÄTZT ZINSENTWICKLUNG ETWAS GÜNSTIGER EIN
Die Planungen für Zinsausgaben wurden ebenfalls an mehreren Stellen angepasst, etwa weil Zinsen für frühere Kredite für den Energie-Krisenfonds WSF nun aus dem Bundeshaushalt beglichen werden müssen. Der WSF wurde als Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Jahresende 2023 aufgelöst. Zum Teil ergeben sich aber auch geringere Zinszahlungen. So werden beim Disagio auf Bundesanleihen und andere Papiere knapp 9,2 Miliarden Euro eingeplant und damit knapp 1,4 Milliarden Euro weniger als bisher vorgesehen. Begründet wird dies mit einer "niedrigeren Schätzung der Kapitalmarktzinsen 2024 infolge des Zinsrückgangs Ende 2023". Auch bei inflationsindexierten Papieren wurde der Ansatz verringert, da die Inflationsrate für 2024 geringer eingeschätzt werde als noch im vorigen Jahr.
Die Militärhilfe für die Ukraine wird wie im vorigen Jahr angekündigt deutlich erhöht. Die bisher für 2024 vorgesehenen Mittel von vier Milliarden Euro für die "Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung" werden auf 7,48 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Um über mehrere Jahre laufende Finanzierungen sicherzustellen, wird die Verpflichtungsermächtigung für neue Finanzzusagen um zwei auf sechs Milliarden Euro erhöht.
Zudem sind in der Vorlage auch Mehreinnahmen etwa durch die Erhöhung der Luftverkehrsteuer in Höhe von 375 Millionen Euro und durch die stärkere Anhebung der CO2-Bepreisung veranschlagt. Aus der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe beim Tanken und Heizen erwartet die Regierung 2024 nun knapp 12,3 Milliarden Euro, die in den Klima- und Transformationsfonds fließen.
(Mitarbeit: Markus Wacket, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)